(1) Das an die Planbetroffenen gerichtete Angebot des Schuldners, den Restrukturierungsplan anzunehmen (Planangebot), hat den deutlichen Hinweis darauf zu enthalten, dass der Plan im Fall seiner mehrheitlichen Annahme und gerichtlichen Bestätigung auch gegenüber Planbetroffenen wirksam wird, die das Angebot nicht annehmen. Dem Planangebot ist der vollständige Restrukturierungsplan nebst Anlagen sowie eine Darstellung der bereits angefallenen und der noch zu erwartenden Kosten des Restrukturierungsverfahrens einschließlich der Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten beizufügen.
(2) Aus dem Planangebot muss hervorgehen, mit welchen Forderungen oder Rechten der jeweilige Planbetroffene in den Restrukturierungsplan einbezogen ist, welchen Gruppen der Planbetroffene zugeordnet ist und welche Stimmrechte die ihm zustehenden Forderungen und Rechte gewähren.
(3) Hat der Schuldner vor Abgabe des Planangebots nicht allen Planbetroffenen Gelegenheit zur gemeinschaftlichen Erörterung des Plans oder des Restrukturierungskonzepts gegeben, das durch den Plan umgesetzt werden soll, hat das Planangebot den Hinweis darauf zu enthalten, dass auf Verlangen eines Planbetroffenen oder mehrerer Planbetroffener eine Versammlung der Planbetroffenen zwecks Erörterung des Plans abgehalten wird.
(4) Sofern im Verhältnis zu einzelnen Planbetroffenen nichts anderes vereinbart ist, unterliegt das Planangebot der Schriftform. Bestimmt der Schuldner im Planangebot keine andere Form, unterliegt auch die Planannahme der Schriftform.
Übersicht
Das Recht ein Planangebot einzureichen steht nach deutschem Recht allein dem Schuldner zu. Nach der europäische Restrukturierungsrichtlinie (RL (EU) 2019/1032 Abl. EU L 172/18 v. 26.6.2019) steht es den Mitgliedstaaten offen, darüber hinaus auch den Gläubigern und dem Restrukturierungsbeauftragen das Recht einzuräumen, Restrukturierungspläne vorzulegen, Art. 4 Abs. 8, 9 Abs. 1 UAbs. 2. Hiervon wurde weder im Referenten- noch im Regierungsentwurf Gebrauch gemacht, weshalb auch im StaRUG das Angebotsrecht auf den Schuldner beschränkt blieb.
Im Vorfeld wurde die Beschränkung kritisiert (vgl. bspw. StN zum RefE Deutsche Kreditwirtschaft vom 20. Oktober 2020). Die massiven Eingriffe in die Rechte der Gläubiger durch den Restrukturierungsplan seien ohne ausreichende Gläubigerbeteiligung nicht gerechtfertigt. Diese Annahme verkennt jedoch zum einen die Möglichkeit der Gläubiger Änderungsvorschläge einzureichen (§ 21 Abs. 3 S. 3) und den Restrukturierungsplan im Wege einer Versammlung umfassend zu erörtern (§ 21) und auf der anderen Seite die Vorteile einer Erstellung des Planangebots durch den Schuldner.
Sowohl die Historie (hierzu ausführlich Paulus, NZI-Beilage 2021, S. 9) als auch die Erfahrungen im internationalen Vergleich – zu nennen ist beispielsweise das Chapter 11 Verfahren in den USA – sprechen für die Vorlage und Ausarbeitung durch den Schuldner. Nur dieser verfügt über die nötige Sachverhaltskenntnisse.
Auch im Insolvenzplanverfahren ist neben dem Schuldner nur der Insolvenzverwalter eigenständig vorlageberechtigt (§ 218 Abs. 1 InsO). Mit Eröffnung des Verfahrens rückt der Insolvenzverwalter in die Rolle des Schuldners ein §§ 80, 148, 174 InsO. Derart weitreichende Befugnisse erhält der Restrukturierungsbeauftragte nicht, § 76. Dem Sachverwalter hingegen – dessen Rolle mit der des Restrukturierungsbeauftragten am ehesten vergleichbar ist – steht kein originäres Vorlagerecht zu und muss erst durch die Gläubigerversammlung beauftragt werden, § 284 Abs. 1 InsO (vgl. hierzu auch HmbKommInsR/Thies, § 218 Rn. 3f). Wird der Restrukturierungsbeauftragte auf Antrag des Schuldners bestellt, kommt ihm zwar die Aufgabe zu, den Schuldner und die Gläubiger bei der Ausarbeitung und Aushandlung des Restrukturierungsplans zu unterstützen (§ 79), dies heißt aber nicht, dass der Beauftragte zur eigenständigen Erstellung des Plans befugt ist (Begr. RegE, BT-Drs. 19/24181, S. 185 zu § 86). Trotz der Anlehnung der Aufgaben des Restrukturierungsbeauftragten an die des Sachwalters hat sich der deutsche Gesetzgeber bewusst gegen ein Planinitiativrecht des Restrukturierungsbeauftragten entschieden (vgl. auch Hofmann, NZI-Beilage 2019, S. 22).
Die Vorteile eines schuldnerischen Angebotsrechtes sind offensichtlich. So bedarf es zur Erstellung eines Restrukturierungskonzepts eines umfassenden Einblicks in die bestehenden Verbindlichkeiten und Vermögenswerte, den ein einzelner Gläubiger naturgemäß nicht hat. Insbesondere Planbetroffene aus KMU wären mit einer Erstellung eines Konzepts überfordert. So darf auch der Arbeitsumfang nicht unterschätzt werden. Kaum ein Gläubiger wird Interesse an einer umfassenden Auseinandersetzung mit den Belangen des Schuldners und anderen Gläubigern haben. Dies zeigt auch die geringe Teilnahme an den Erörterungs- und Abstimmungsterminen im Insolvenzplanverfahren.
Den Planbetroffenen (vgl. § 6) wird ein Angebot zur Annahme des Restrukturierungsplans unterbreitet. Gläubiger, deren Forderungen nicht vom Plan betroffen sind, haben kein Stimmrecht und sind entsprechend auch nicht über das Planangebot zu informieren.
Abs.1 definiert das Planangebot legal. Dem Planangebot ist der Restrukturierungsplan nebst Anlagen beizufügen. Im Beschlussverfahren neu aufgenommen wurde die Pflicht zur Beifügung einer „Darstellung der bereits angefallenen und der noch zu erwartenden Kosten des Restrukturierungsverfahrens einschließlich der Vergütung des Restrukturierungsbeauftragen“, § 17 Abs. 1 S. 2.
Aus dem Wortlaut „beizufügen“ lässt sich erkennen, dass der Gesetzgeber die Vorstellung eines gesonderten Angebots und nicht die bloße Überreichung des Restrukturierungsplans vor Augen hatte. Inhaltlich hat das Angebot Hinweise über das Verfahren und dessen Wirkung zu enthalten. Die weitere Abfassung des Angebots unterliegt der privatautonomen Gestaltung des Schuldners.
Durch das Planangebot soll den Planbetroffenen eine Entscheidung auf informierter Grundlage ermöglichet werden (Begr. RegE, BT-Drs. 19/24181, S. 141 zu § 19 Abs. 1). In Anlehnung zur Ladung zum Erörterungs- und Abstimmungstermin nach § 235 Abs. 3 S. 2 InsO kann von einer Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des Restrukturierungsplans ausgegangen werden. Darin müssen alle für die Information der Beteiligten notwendigen Gesichtspunkte enthalten sein, um den Restrukturierungsplan einer Entscheidung zuzuführen zu können.
Der Restrukturierungsplan als Anlage zum Planangebot hat „eine Beschreibung der wirtschaftlichen Situation des Schuldners und der Position der Arbeitnehmer sowie eine Beschreibung der Ursachen und des Umfangs der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners“ (Anlage zu § 5 S. 2) zu enthalten. Das Planangebot muss damit keine Angaben darüber enthalten, dass der Schuldner nicht überschuldet oder zahlungsunfähig ist, oder ob (überhaupt) Zahlungsunfähigkeit droht. Es besteht die Gefahr der rechtsmissbräuchlichen Nutzung des Restrukturierungsverfahrens. Um von den Planbetroffenen Sanierungsbeiträge zu erhalten, ist eine fundierte Erklärung über das Vorliegen der drohenden Zahlungsunfähigkeit und das Nichtvorliegen von Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung daher aus praktischer Sicht erforderlich. Zwar besteht die Möglichkeit die drohende Zahlungsunfähigkeit durch eine fakultative gerichtliche Vorprüfung, § 46 Abs. 1 Nr. 3, klären zu lassen, ob Überschuldung vorliegt, wird das Gericht indes nicht prüfen.
Im nicht unwahrscheinlichen Falle einer nicht einstimmigen Annahme des Planangebots entfaltet der Restrukturierungsplan nach gerichtlicher Bestätigung, § 60, auch Wirkung gegenüber denjenigen Planbetroffenen, die sich gar nicht oder gegen das Angebot entschieden haben. Dem Planangebot ist ein entsprechender Hinweis beizufügen. Die Möglichkeit andere Planbetroffene mit seiner Stimme zu überstimmen oder selbst überstimmt zu werden, soll von den Planbetroffenen in ihre Entscheidung mit einbezogen werden können.
Nicht alle Gläubiger sind automatisch auch von dem Restrukturierungsplan betroffen. Auch steht es dem Schuldner frei in den Restrukturierungsplan lediglich einzelne Forderungen eines Gläubigers einzubeziehen oder sie unterschiedlichen Gruppen zuzuweisen.
Mit dem Planangebot ist dem Planbetroffenen vollumfänglich mitzuteilen, welche seiner Forderungen oder Rechte betroffen sind und in welchem Umfang er in den einzelnen Gruppen seine Stimmrechte ausüben darf (Begr. RegE, BT-Drs. 19/24181, S. 141 zu § 19 Abs. 2).
Im Gegensatz zum Insolvenzplanverfahren, §§ 235, 241 InsO, kann im Restrukturierungsverfahren eine Abstimmung grundsätzlich ohne Abhaltung einer Versammlung stattfinden. Allen Planbetroffenen soll jedoch die Möglichkeit einer gemeinsamen Erörterung des Plans offenstehen, bevor sie über den Plan abstimmen.
§ 17 Abs. 4 sieht grundsätzlich für Planangebot und Planannahme die Schriftform, § 126 BGB, vor. Hiervon kann beim Planangebot durch eine anderweitige Vereinbarung zwischen Schuldner und einzelnen Planbetroffenen abgewichen werden (Satz 1). Bei der Planannahme kann der Schuldner einseitig eine andere Form bestimmen. Hier unterscheidet sich das StaRUG von der InsO, die für den Insolvenzplan zwar keine ausdrückliche Formvorschrift enthält, jedoch die Schriftform an verschiedener Stelle voraussetzt (z.B. § 234 InsO „niederlegen“, vgl. u.a. Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 218 Rn. 31 f).
Die Schriftform erfüllt im Wesentlichen zwei Funktionen: Die Funktion des Schutzes vor Übereilung und des Beweises darüber, dass der Inhalt vollständig und richtig abgegeben wurde. Bei der Abgabe des Planangebots durch den Schuldner muss dieser nicht besonders vor Übereilung geschützt werden, weshalb eine Abweichung von dem Formerfordernis sinnvoll erscheint. An den Zugang des Angebots ist eine Frist zur Annahme nach § 19 gebunden, weshalb die Schriftform aufgrund des erleichterten Zugangsbeweis mittels Sendung per Einschreiben präferiert wird (vgl. bspw. StN zum RefE des VID vom 02. Oktober 2020). Allerdings lässt § 19 S. 3 eine verkürzte Annahmefrist zu, wenn den Planbetroffenen der Restrukturierungsplan vorab in Textform, § 126b BGB, zugänglich gemacht wurde. Hier bedarf es eines anderen Beweises über den Zugang als die Zusendung per Einschreiben. Denkbar wäre ein Versand via E-Mail mit Empfangsbestätigung. Die Vereinbarung des Schuldners mit den einzelnen Planbetroffenen über eine abweichende Form gewährleistet zudem, dass die Planbetroffenen mit dem Zugang des Planangebots rechnen müssen, was die Gefahr einer Zugangsvereitelung eindämmt.
Im Planangebot kann der Schuldner einseitig von dem Schriftformerfordernis bei der Planannahme abweichen. Dies erscheint beispielsweise sinnvoll, wenn die Abstimmung im Rahmen einer Versammlung nach § 20 Abs. 1 stattfindet. Dies dürfte der Schutzfunktion genügen. Anders, wenn weder eine Abstimmungsversammlung noch eine Versammlung zur Erörterung des Restrukturierungsplans stattfindet. Hier sollte der Schuldner bereits aus Zwecken des Beweises nicht von der Schriftform abweichen.