Unter den Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 und 2 kann eine Stabilisierungsanordnung auf weitere Gläubiger erstreckt, inhaltlich erweitert oder zeitlich verlängert werden (Folgeanordnung) oder, sofern die Anordnungsdauer bereits überschritten ist, erneuert werden (Neuanordnung).


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Die Norm soll dem Umstand Rechnung tragen, dass die Dynamik eines Restrukturierungsprozesses eine anderweitige oder erneute Stabilisierungsanordnung erforderlich machen kann (BT-Drs. 19/24181, S. 156). Die einmal erlassene Anordnung ist daher in ihrer Reichweite nicht abschließend und soll fortlaufend an die sich verändernden Lebenssachverhalte flexibel angepasst werden können. Mit den Instrumenten der Folgeanordnung und Neuanordnung soll der Schuldner auf veränderte Umstände, die die Verwirklichung des Restrukturierungsziels gefährden, reagieren können (Smid, ZInsO 2021, S. 198, 200).

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Mit der Folgeanordnung wird dem Schuldner die Möglichkeit eröffnet, auf veränderte Umstände, die das Erreichen des Restrukturierungsziels gefährden, mittels einer Anpassung der erlassenen Stabilisierungsanordnung in Bezug auf die betroffenen Gläubiger, den Inhalt der Anordnung und die Anordnungsdauer zu reagieren.

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Soweit die Anordnungsdauer bereits abgelaufen ist, kann zudem eine erneute Anordnung ergehen (Neuanordnung).

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Sowohl für eine Folgeanordnung als auch für eine Neuanordnung müssen die Voraussetzungen der Stabilisierungsanordnung nach § 51 Abs. 1 und 2 vollständig im Zeitpunkt der Beantragung vorliegen. Der Schuldner hat daher sämtliche Voraussetzungen erneut vorzutragen und darzulegen. Ein Verweis auf den Erstantrag reicht nicht aus. Das Restrukturierungsgericht hat die Voraussetzungen auf den Zeitpunkt des Folge- oder Neuantrags zu prüfen.

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Im Zeitpunkt des Folge- oder Neuantrags hat der Schuldner zudem die Gründe für die beantragte Folge- oder Neuanordnung anhand der seit dem Erstantrag veränderten Umstände, die nun eine Folge- oder Neuanordnung erfordern, zusätzlich darzulegen. Dem Gericht soll so ein Einblick in den bisherigen Verlauf der Stabilisierung und dem Fortschritt der Restrukturierungsplanung bzw. dem Stand der Verhandlungen über den Restrukturierungsplan ermöglicht werden.

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Eine Folgeanordnung kann sich auf weitere Gläubiger erstrecken, inhaltlich erweitert oder zeitlich verlängert werden. Folgeanordnungen können im Rahmen der nach § 53 zulässigen Anordnungshöchstdauer kumulativ und wiederholt erlassen werden (BT-Drs. 19/24181, S. 156). Die Folgeanordnung erweitert die bereits bestehende Anordnung und knüpft an diese an.

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Im Rahmen der Beantragung solch einer Folgeanordnung ist daher ein neuer Antrag erforderlich, der die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 und 2 erfüllen muss. Der Schuldner sollte auch hier erneut die Erforderlichkeit der Folgeanordnung zur Erreichung des Restrukturierungsziels nachvollziehbar darlegen, um den Eingriff in die Gläubiger zu rechtfertigen.

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Die Erstreckung auf weitere Gläubiger kann sich nur auf die vom Restrukturierungsplan erfassten Gläubiger beziehen. Der Schuldner hat die betreffenden Gläubiger und die Gründe für die Erforderlichkeit der Erstreckung auf diese Gläubiger für die Erreichung des Restrukturierungsziels bzw. die Gefährdung des Restrukturierungsziels durch den betreffenden Gläubiger darzulegen. 

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Die Erweiterung des Inhalts der bestehenden Stabilisierungsanordnung ist von dem Schuldner innerhalb der Anordnungsmöglichkeiten des § 49 Abs. 1 zu beschreiben und deren Erforderlichkeit für die Erreichung des Restrukturierungsziels darzulegen. 

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Die zeitliche Verlängerung der bestehenden Stabilisierungsanordnung ist genau zu bezeichnen und zu begründen. Die Anordnungshöchstdauer nach § 53 kann mit einer Folgeanordnung nicht überschritten werden. Ist die Dauer der Anordnung bereits abgelaufen, verliert die Anordnung ihre Wirkung. Soweit die Anordnungshöchstdauer noch nicht erreicht ist, kann eine Neuanordnung beantragt werden und ergehen.

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Mit einer Neuanordnung kann eine zeitlich abgelaufene (durch Zeitablauf wirkunglos gewordene) Stabilisierungsanordnung erneut bis zum Erreichen der Höchstanordnungsdauer von drei Monaten gemäß § 53 Abs. 1 angeordnet werden. Dies ist notwendig, da eine Verlängerung einer abgelaufenen Anordnung nicht möglich ist (BT-Drs. 19/24181, S. 156). Die Neuanordnung erfasst daher den Fall, dass eine zunächst vom Restrukturierungsgericht erlassene Stabilisierungsanordnung von z.B. einem Monat abgelaufen ist und der Schuldner erst nach Ablauf feststellt, dass die Anordnung noch für weitere sechs Wochen benötigt wird. Für die Neuanordnung ist der Antrag erneut vollständig einzureichen. Die Erforderlichkeit der Neuanordnung für die Erreichung des Restrukturierungsziels bzw. die Gefährdung des Restrukturierungsziels bei Nichtanordnung ist von dem Schuldner darzulegen. 

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Ein Überschreiten der Höchstanordnungsdauer von drei Monaten ist unter den Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 und 3 bis zu maximal acht Monaten möglich (vgl. Bork NZI Beilage 1/2021, S. 38, 39).