(1) Die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens können vorbehaltlich des Absatzes 2 von jedem insolvenzfähigen Schuldner in Anspruch genommen werden. Für natürliche Personen gilt dies nur, soweit sie unternehmerisch tätig sind.
(2) Die Bestimmungen dieses Kapitels sind auf Unternehmen der Finanzbranche im Sinne des § 1 Absatz 19 des Kreditwesengesetzes nicht anzuwenden.
Übersicht
§ 30 legt den persönlichen Anwendungsbereich des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens fest. Grundsätzlich können die Restrukturierungsinstrumente von jedem insolvenzfähigen Schuldner in Anspruch genommen werden, § 30 Abs. 1 Satz 1. Nicht anwendbar ist es für Verbraucher gemäß Abs. 1 Satz 2 und für Unternehmen der Finanzbranche (Abs. 2).
Die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen stehen allen Schuldnern offen, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet werden kann, mit den unter Rn. 1 genannten Ausnahmen. Es besteht somit ein Gleichlauf der Restrukturierungs- und der Insolvenzfähigkeit nach Maßgabe der §§ 11 und 12 InsO (vgl. Braun-StaRUG/Haffa/Schuster, § 30 Rn. 1).
Restrukturierungsfähig sind somit grundsätzlich:
Laut Gesetzesbegründung steht auch einer aufgelösten juristischen Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit der Restrukturierungsrahmen offen, soweit ihre Fortsetzung beabsichtigt ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 133). Dies schränkt somit den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 InsO weiter ein, wonach aufgelöste juristische Personen oder Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit insolvenzfähig sind, solange die Verteilung des Vermögens nicht vollzogen ist.
Insolvenzfähig sind nach § 11 Abs. 2 Nr. 2 InsO auch der Nachlass, das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft und das Gesamtgut einer Gütergemeinschaft, das von den Ehegatten oder Lebenspartnern gemeinschaftlich verwaltet wird. Da es insoweit an einem „Schuldner“ fehlt, sind die Restrukturierungsinstrumente nicht anwendbar.
Nicht restrukturierungsfähig sind nach § 12 Abs. 1 InsO
Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 sind natürliche Personen restrukturierungsfähig, „soweit sie unternehmerisch tätig sind“. Dies entspricht der Vorgabe in Art. 1 Abs. 2 lit. h) der Richtlinie (EU) 2019/1023. Von den Möglichkeiten, gemäß Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie (EU) 2019/1023 natürliche Personen, die keine Unternehmer sind, in den Anwendungsbereich einzubeziehen, oder den Anwendungsbereich auf juristischen Personen zu beschränken, hat der deutsche Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht.
Die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens sollen zudem, wie sich auch aus dem Wortlaut („soweit“) ergibt, auf die unternehmerische Tätigkeit der natürlichen Person beschränkt sein, was in § 4 Satz 2 bereits zum Ausdruck kommt (BT-Drucks. 19/24181, S. 133), siehe hierzu § 4 Rn. 13.
Der Begriff „Unternehmer“ wird in Art. 2 Abs. 1 Nr. 9 der Richtlinie (EU) 2019/1023 als eine natürliche Person definiert, die eine gewerbliche, geschäftliche, handwerkliche oder freiberufliche Tätigkeit ausübt.
Die Restrukturierungsfähigkeit natürlicher Personen weicht somit erheblich von ihrer Insolvenzfähigkeit ab, was im Hinblick auf die Ziele des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens auch logisch erscheint. Auch die Kriterien zur Differenzierung zwischen Regel- und Verbraucherinsolvenzverfahren sind nicht übertragbar. Anders als nach § 304 InsO sind insbesondere Schuldner, die früher eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben, nicht restrukturierungsfähig.
Fraglich ist, ob Mehrheitsgesellschafter einer Kapitalgesellschaft, für welche in der Regel das Regelinsolvenzverfahren einschlägig ist, ebenfalls von dem persönlichen Anwendungsbereich des StaRUG ausgeschlossen sind. Da hier eine unternehmerische Tätigkeit gegeben ist, dürfte das Gesetz Anwendung finden.
Wichtig ist, dass sich die Restrukturierungsinstrumente nur auf die unternehmerische Tätigkeit der natürlichen Person erstrecken. Dies bedeutet, dass in den Vermögenverhältnissen der unternehmerisch tätigen natürlichen Person eine Trennung zwischen dem rein privaten Vermögen und demjenigen Vermögen durchzuführen ist, das mit der unternehmerischen Tätigkeit im Zusammenhang steht. Dass eine solche Trennung kaum möglich ist, liegt auf der Hand, und erklärt, warum im Falle eines Insolvenzverfahrens, das ja alle Verbindlichkeiten und Vermögenswerte erfassen soll, eine etwaige unternehmerische Tätigkeit nicht isoliert betrachtet wird.
Im Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen soll die Trennung etwa bei der Auswahl der Planbetroffenen nach § 8 erfolgen.
Vom Anwendungsbereich des StaRUG ausgeschlossen sind auch nach § 30 Abs. 2 die Unternehmen der Finanzbranche im Sinne von § 1 Abs. 19 KWG.
Unter Finanzbranche sind folgende Branchen zu verstehen:
Dieser Ausschluss steht im Einklang mit Art. 1 Abs. 2 lit. a) bis f) der Richtlinie (EU) 2019/1023.
Für solche Unternehmen bestehen einerseits bereits außerinsolvenzliche Lösungen zur Bewältigung von Krisen, wie insbesondere das Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Instituten und Finanzgruppen (SAG), und die Aufsichtsbehörden haben andererseits ihnen gegenüber weitreichende Eingriffsbefugnisse (Erwägungsgrund Nr. 19 der Richtlinie (EU) 2019/1023).