(1) Wenn Rechte an Gegenständen begründet, geändert, übertragen oder aufgehoben oder Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung abgetreten werden sollen, gelten die in den Restrukturierungsplan aufgenommenen Willenserklärungen der Planbetroffenen und des Schuldners als in der vorgeschriebenen Form abgegeben.

(2) Die in den Restrukturierungsplan aufgenommenen Beschlüsse und sonstigen Willenserklärungen der Planbetroffenen und des Schuldners gelten als in der vorgeschriebenen Form abgegeben. Gesellschaftsrechtlich erforderliche Ladungen, Bekanntmachungen und sonstige Maßnahmen zur Vorbereitung von Beschlüssen der Planbetroffenen gelten als in der vorgeschriebenen Form bewirkt.

(3) Entsprechendes gilt für die in den Restrukturierungsplan aufgenommenen Verpflichtungserklärungen, die einer Maßnahme nach Absatz 1 oder Absatz 2 zugrunde liegen.


1

Der Gesetzgeber hat sich auch in Bezug auf die sonstigen Wirkungen des Restrukturierungsplanes bewusst an den insolvenzrechtlichen Regelungen zum Insolvenzplan orientiert und mit § 68 eine Vorschrift in das Gesetz aufgenommen, die nahezu dem Wortlaut des § 254a InsO entspricht, der die sonstigen Wirkungen des Insolvenzplanes regelt (Begründung Regierungsentwurf, BR-Drs. 619/20, S.191). Für die Anwendung dieser Vorschrift kann sich daher an den bereits für den § 254a InsO herausgearbeiteten Auslegungen in Rechtsprechung und Kommentarliteratur orientiert werden.

2

Die Vorschrift ist als Ergänzung des § 67 hinsichtlich der Wirkungen des Restrukturierungsplanes zu verstehen und fingiert die formwirksame Abgabe (Form- und Abgabefiktion) aller im gestaltenden Teil des Planes enthaltenen Willenserklärung als Planwirkung und erleichtert so die Umsetzung des Restrukturierungsplanes (MüKo-InsO/Madaus, § 254a Rn. 1). Die vorgenannten und in § 68 statuierten Fiktionen beziehen sich auf die Willenserklärungen der im Restrukturierungsplan aufgenommenen dinglichen und schuldrechtlichen Rechtsgeschäfte. Soweit für eine vollständige Rechtsänderung noch weitere Akte wie Grundbuch- oder Registereinträge erforderlich sind, werden diese durch die Planbestätigung nicht ersetzt, sondern bedürfen für Ihre Wirksamkeit noch weiterere dem Restrukturierungsplan nachgelagerter Vollzugsakte.

3

Die in den Planregelungen enthaltenen Willenserklärungen gelten mit Bestätigung des Restrukturierungsplanes als in der für die Wirksamkeit der Erklärung vorgegebenen Form abgegeben. Neben der Schriftform gilt dies auch für Erklärungen, die einer notariellen Beurkundung bedürfen, wie beispielsweise die Übertragung von Grundstücken oder Geschäftsanteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Allerdings beschränkt sich die Wirksamkeit nur auf die im Restrukturierungsplan enthaltenen Willenserklärungen. Soweit die wirksame Übertragung von Rechten und Vermögensgegenstände noch von weiteren Vollzugsakten, wie die Besitzübergabe (§§ 929 ff BGB) oder die Eintragung in Registern wie beispielsweise Grundbuch oder Handelsregister abhängig ist, werden diese durch die Bestätigung des Planes nicht ersetzt. Allerdings kann der Eintragungsantrag und die Eintragsbewilligung (§ 19 GBO) in der Form des § 29 GBO (notarielle Beurkundung) in dem Restrukturierungsplan enthalten sein und durch Vorlage einer Ausfertigung des Planes mit Bestätigungsbeschluss und ggf. Rechtskraftzeugnis nachgewiesen werden (K. Schmidt/Spliedt, § 254a Rn. 1).

4

Soweit der Restrukturierungsplan Regelungen zu gesellschaftsrechtlichen Änderungen vorsieht, gelten die hierfür erforderlichen Beschlüsse und Willenserklärungen der Planbetroffenen und des Schuldners als in der vorgeschriebenen abgegeben. Die gesellschaftsrechtlich erforderlichen Ladungen, Bekanntmachungen und sonstigen Maßnahmen als Voraussetzungen für die wirksame Fassung der Beschlüsse gelten als in der vorgeschriebenen Form bewirkt. Diese in der Vorschrift enthaltene Fiktion der Formwirksamkeit stellt klar, dass die gesellschaftsrechtlichen Änderungen zu Anteils- und Mitgliedschaftsrechten im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplanes nicht nach den gesellschaftsrechtlichen, sondern allein nach den insolvenzrechtlichen Verfahrensregeln erfolgt (MüKo-InsO/Madaus, § 254a Rn. 9).

5

Auch wenn der Wortlaut des Absatz 2 dieser Norm etwas von dem Vorbild (§ 254a Abs. 2 InsO) abweicht, wird sich auch bei Anwendung dieser Vorschrift die Frage nach der Prüfungskompetenz in Bezug auf die Eintragungsfähigkeit der gesellschaftsrechtlichen Rechtsänderungen im Handelsregister stellen. Die gerichtliche Planbestätigung ersetzt zwar beispielsweise die für eine Satzungsänderung erforderlichen Formvorschriften, aber nicht den nach dem Gesellschaftsrecht erforderlichen konstituierenden Publizitätsakt der Eintragung in das Handelsregister. In welchem Umfang dem Registergericht bei Eintragung der Rechtsänderung aus einem gerichtlich bestätigten Insolvenzplan noch eine eigene Prüfungskompetenz zusteht, wird nicht einheitliche beurteilt (vgl. nachfolgenden Abschnitt).

6

Die Prüfungskompetenz des Restrukturierungsgerichts im Verfahren zur Planbestätigung umfasst auch die Eintragungsfähigkeit der im Plan enthaltenen gesellschaftsrechtlichen Änderungen, da das Restrukturierungsgericht grundsätzlich die Durchführbarkeit des Planes zu prüfen hat. Der vorgelegte Plan ist nur durchführbar, wenn die enthaltenen Änderungen auch eintragungsfähig sind. Das Registergericht sollte dann auch an die rechtskräftige Planbestätigung des Restrukturierungsgerichts insoweit gebunden sein, dass keine erneute Prüfung der zur Eintragungen anstehenden Rechtsänderungen mit einem etwaig abweichenden Ergebnis erfolgt (K. Schmidt/Spliedt, § 254a Rn. 1 mit Verweis auf die Gesetzesbegründung zu § 254a InsO in BT-Drs. 17/5712, S. 37). Etwas Anderes kann aber gelten, wenn die Voraussetzungen der Eintragung sich nicht ausschließlich aus dem Plan ergeben, sondern noch durch weitere Rechtsakte außerhalb der Regelungswirkung des Planes zu erfolgen haben, wie beispielsweise die Anlagen zum Antrag über die Erhöhung des Grundkapitals nach § 188 Abs. 3 AktG, wenn diese nicht auch schon Anlagen zum Plan sind. Die Prüfung dieser Voraussetzung wäre für das Registergericht nicht durch die Planbestätigung des Restrukturierungsgerichtes präkludiert (MüKo-InsO/Madaus, § 254a Rn. 22).

7

Inwieweit das Registergericht sogar in Fällen offensichtlicher Mängel im Plan an die Entscheidung über die Planbestätigung gebunden ist oder zumindest in diesen Fällen noch eine eigene Prüfungskompetenz erhält wird in der rechtswissenschaftlichen Literatur uneinheitlich beurteilt (für Prüfungskompetenz: Horstkotte, ZInsO 2015, S.416; Müller, KTS 2012, S. 419, 448 f.; K/P/B-Spahlinger, § 254a Rn. 7; andere Ansicht: Madaus, ZIP 2012, S. 2133 [2138 f.]; Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier/Silcher, § 254a Rn. 2; Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 254a, Rn. 11. Zum Teil wird auch vertreten, dass das Registergericht bei offensichtlicher Fehlerhaftigkeit zumindest die Möglichkeit haben sollte, den Eintragungsantrag zunächst auszusetzen, um den Beteiligten die Korrektur des offensichtlichen Mangels über eine Planänderung zu ermöglichen (MüKo-InsO/Madaus, § 254a Rn. 23).

8

In der Praxis empfiehlt es sich in jedem Falle, etwaige Unsicherheiten in Bezug auf die Voraussetzungen der Eintragungsfähigkeit konkreter Rechtsänderungen schon während der Planerstellung mit dem zuständigen Registergericht abzustimmen, um eine sonst etwaig drohende Verzögerung der Umsetzung des Planes zu vermeiden.

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Die in den Abs. 1 und 2 enthaltenen Regelungen für die Wirksamkeit für die verfügenden Willenserklärungen gelten gemäß der Regelung in Absatz 3 dieser Vorschrift auch für die Verpflichtungserklärungen der Planbetroffenen. Der Absatz 3 wurde nach dem Vorbild von § 254a Abs. 3 InsO ausgestaltet (Begründung Regierungsentwurf, BR-Drs. 619/20, S. 191). Die in dem Plan enthaltenen Verpflichtungserklärungen, die einer Planmaßnahme nach Abs1 und Abs. 2 zugrunde liegen, gelten mit der Bestätigung des Plans ebenfalls als in der vorgeschriebenen Form abgegeben. Im Gegensatz zu den dinglichen verfügenden Willenserklärungen wird durch die (schuldrechtlichen) Verpflichtungserklärungen keine dingliche Rechtsänderung herbeigeführt, sondern lediglich eine Verpflichtung zur dinglichen Rechtsänderung begründet.