(1) Wird in einer Gruppe die nach § 25 erforderliche Mehrheit nicht erreicht, gilt die Zustimmung dieser Gruppe als erteilt, wenn
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die Mitglieder dieser Gruppe durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden als sie ohne einen Plan stünden,
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die Mitglieder dieser Gruppe angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der auf der Grundlage des Plans den Planbetroffenen zufließen soll (Planwert), und
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die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt hat; wurden lediglich zwei Gruppen gebildet, genügt die Zustimmung der anderen Gruppe; die zustimmenden Gruppen dürfen nicht ausschließlich durch Anteilsinhaber oder nachrangige Restrukturierungsgläubiger gebildet sein.
(2) Wird die nach § 25 erforderliche Mehrheit in einer Gruppe nicht erreicht, die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 zu bilden ist, so gelten Absatz 1, § 27 Absatz 1 und § 28 für diese Gruppe nur, wenn die vorgesehene Entschädigung die Inhaber der Rechte aus der gruppeninternen Drittsicherheit für den zu erleidenden Rechtsverlust oder den Verlust der Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters angemessen entschädigt.
Übersicht
Die §§ 26 - 28 mit ihren Ausnahmen von den allgemeinen Zustimmungserfordernissen des § 25 (3/4 in jeder Gruppe) folgen im Wesentlichen dem Vorbild des § 245 InsO (seinerseits orientiert am cram down im US-amerikanischen Chapter 11, vgl. Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 245 Rn. 1), allerdings mit einigen von der RL 2019/1023 vorgegebenen bzw. ermöglichten Abweichungen.
Zunächst ist der ansonsten § 245 Abs. 1 Nr. 3 InsO entsprechende § 26 Abs. 1 Nr. 3 ergänzt worden um zwei Halbsätze, nach welchen bei nur zwei Gruppen die Zustimmung einer Gruppe ausreichend ist und die zustimmenden Gruppen nicht ausschließlich durch Anteilsinhaber oder nachhaltige Restrukturierungsgläubiger gebildet sein dürfen (Umsetzung von Art. 11 Abs. 1b i und ii der RL). Vereinfachend gesprochen muss also mindestens eine Gruppe mit werthaltigen Forderungen zugestimmt haben.
Sodann entscheidet § 27 wie § 245 Abs. 2 InsO zu Gunsten der absoluten Prioritätsregel (§ 27 Abs. 1 Nr. 2: kein nachrangiger Gläubiger oder Anteilsinhaber darf etwas bekommen, wenn die Zustimmung einer höherrangigen Gläubigergruppe fingiert werden soll), die aber von § 28 teilweise in Abweichung von der InsO durchbrochen wird. Begründet werden die Unterschiede zur InsO vom Regierungsentwurf u.a. mit dem „teilkollektiven“ Charakter des Restrutkturierungsplans. Ermöglicht werden die Abweichungen von der in Art. 11 Abs. 1c der Richtlinie EU 2019/1023 grundsätzlich vorgesehenen milderen relativen Prioritätsregel (Besserstellung ranghöherer Gruppen ist ausreichend) von der Generalklausel des Art. 11 Abs. 2 Uabs. 2 RL 2019/1023.
Die Vorschriften der §§ 25 - 28 bilden insoweit den Kern des StaRUG, als die Überstimmung abweichender Gläubiger bzw. die Möglichkeit derselben die eigentliche Funktion eines Restrukturierungsverfahrens ist – stimmen alle Gläubiger zu, benötigt man bekanntlich kein besonderes Verfahren. Ob die Zustimmung von Gläubigern wie von § 26 fingiert wird oder durch den Druck dieser Möglichkeit in Verhandlungen erreicht werden kann – der elegantere Weg –, spielt dafür letztlich keine Rolle.
In beiden Fällen muss das, was den überstimmten Gläubigern vorgeschrieben wird, angemessen sein und es darf keinen von der Rechtsordnung geschützten Grund für ihren Dissens geben. Im etwas weiteren Rahmen gilt dies schon für die Mehrheitsentscheidungen nach § 25. Auch einem Plan, der nicht auf das Obstruktionsverbot angewiesen ist, ist auf Antrag unterlegener Gläubiger die Bestätigung zu versagen, wenn diese schlechter gestellt werden als ohne Plan (§ 64 Abs. 1) und er ist insbesondere auf Unlauterkeit wegen Begünstigung eines Planbetroffenen zu überprüfen (§ 63 Abs. 4).
Was – bei allgemeiner Betrachtung - von der Rechtsordnung geschützte Gründe für einen Dissens sind und was Obstruktion, ist nicht einfach zu entscheiden. Einig wird man darüber sein, dass dem Gläubiger die Rechte aus seiner Forderung aus wirtschaftlichen Gründen gegeben sind. Er soll seine Zustimmung nicht verweigern dürfen, weil ihm die neue Ausrichtung des Unternehmens nicht gefällt oder, in der Historie von Auseinandersetzungen zwischen Gläubigern und Schuldnern nicht gänzlich ungewöhnlich, weil er den Schuldner eliminiert sehen will. Schon wenn man unterstellt, dass der Gläubiger an einer solchen Elimination ein erlaubtes wirtschaftliches Interesse hätte, weil es sich etwa um einen Konkurrenten handelt, wird die Frage aber schwerer zu entscheiden.
Man wird anhand der klaren Ausrichtung des Gesetzes an dem Ziel der Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 29 Abs. 1) gerade ohne Insolvenzverfahren und – jedenfalls grundsätzlich – an der Fortführung (u.a. § 4 Nr. 1, § 6 Abs. 2 S. 2) davon ausgehen dürfen, dass das Ziel des Gläubigers nicht eine Liquidation um ihrer selbst wegen sein darf. Wenn diese aber gerade seine Forderung besser befriedigt, darf er sie wohl fordern – § 6 Abs. 2 S. 2 und § 26 Abs. 1 Nr. 1 werden nicht so zu verstehen sein, dass eine bessere Quote aus der Liquidation nicht zu vergleichen ist. Auch mutet das StaRUG ebenso wenig wie die InsO dem gesicherten Gläubiger einen wirtschaftlichen Verzicht auf seine Sicherheit zu, während er auf der anderen Seite, der klassische Fall der Obstruktion, diese nicht zur Durchsetzung von Sondervorteilen nutzen dürfen soll.
Hier wie dort geht es um das Spannungsfeld kollektiver oder summierter Interessen und Einzelinteressen, deren Bewertung und um einen möglichst sinnvollen Ausgleich desselben. (Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 245 Rn. 2; MüKo-InsO/Drukarczyk, § 245 Rn. 1 ff.). Inwieweit sich dies durch das StaRUG besser gestalten lassen wird als durch den klassischen Insolvenzplan, wird sich zeigen. Wirklich neue Ansätze oder normative Entscheidungen enthält das Gesetz im hier besprochenen Bereich mit wenigen Ausnahmen nicht – eher dürfte der erschwerende Umstand zum Tragen kommen, dass die ordnende und Regulierungen vereinfachende Situation des Insolvenzverfahrens fehlt, während man auf der anderen Seite an deren hergebrachter Nomenklatur festhält.
§ 26 Abs. 1 Nr. 1, der vom Wortlaut her § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO entspricht, setzt das europarechtliche „Kriterium des Gläubigerinteresses“ um (RL 2019/1023, Art. 11 Abs. 1 a i.V.m. Art. 10 Abs. 2d und Art. 2 Abs. 1 Nr. 6). Der Gläubiger darf durch den Plan nicht schlechter gestellt werden als ohne Plan (BT-Drs. 19/24181, S. 128). Die Vorschrift enthält den zentralen Gedanken der gesetzlichen Ersetzung einer eigentlich privatautonomen Gläubigerentscheidung: Wenn der Gläubiger durch den Plan nicht schlechter gestellt wird, ist die wichtigste Voraussetzung dafür gegeben, dass er überstimmt werden kann. Die Verweigerung der Zustimmung hat ihre wirtschaftliche Berechtigung verloren.
Es ist also ein Vergleich mit der Situation ohne Plan erforderlich. Im Insolvenzplanverfahren ist dies nach der h.M. die Situation der Regelabwicklung (K. Schmidt/Spliedt, § 245 Rn. 7, Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 245 Rn. 4 ff.; BGH NZI 2007, S. 409, Rn. 7). Zu vergleichen sind „die Postionen des Gläubigers bei Abwicklung des Insolvenzverfahrens nach der InsO und bei Ausführung des Insolvenzplans“ (BGH a.a.O.). Nach dem BGH soll dem Gläubiger der Wert garantiert werden, den seine Rechtsposition im Insolvenzverfahren noch hat.
Dabei bedeutet Regelabwicklung nicht Zerschlagung, sondern bestmögliche Verwertung ohne Plan. Zu betrachten sind alle Möglichkeiten des Insolvenzverfahrens ohne Plan, also auch die sanierende Übertragung und die Eigensanierung. Die beste ist der Vergleichsmaßstab für den Plan (MüKo-InsO/Drukarczyk, § 245 Rn. 42).
Dagegen ist nach h.M. (Spliedt, Lüer/Streit, und Drukarczyk a.a.O.) nicht mit einem Alternativplan zu vergleichen. Zu der Frage, wie das Gericht mit dem seltenen Fall der Vorlage mehrerer bestätigungsfähiger Pläne umzugehen hat, werden unterschiedlichste Auffassungen vertreten; von der Bestätigung des „wirtschaftlich günstigsten“ Plans über denjenigen mit mehr zustimmenden Gruppen oder einer höheren Kopf- oder Summenmehrheit bis zu der fernliegend scheinenden gänzlichen Versagung der Bestätigung, weil nicht der Plan angenommen sei, sondern mehrere (vgl. zum Ganzen die Darstellung bei MüKo-InsO/Eidenmüller, § 218 Rn. 200 ff.). Praktikabel dürfte allein der Maßstab der zeitlichen Priorität der Bestätigungsentscheidung sein, zumal das Gericht dadurch das für die Beurteilung von Prognoseentscheidungen erforderliche (gebundene) Ermessen erhält – je besser und verständlicher vorbereitet ein Plan ist, je sicherer seine Prognose erscheint, je klarer er die Vorgaben des § 245 Abs. 1 InsO erfüllt, desto schneller wird das Gericht darüber entscheiden können und müssen. Damit ist das Verfahren beendet und andere – auch später bestätigungsfähige – Pläne kommen nicht mehr in Betracht (Eidenmüller a.a.O.).
Dagegen ist für § 26 Abs. 1 Nr. 1 die Regelabwicklung schon deswegen kein selbstverständlicher Vergleichsmaßstab, weil diese Regelabwicklung nicht die Folge eines Scheiterns des Plans ist. Der Schuldner des StaRUG ist nur drohend zahlungsunfähig (§§ 29 Abs. 1, 63 Abs. 1 Nr. 1) und nach der InsO gerade nicht antragsverpflichtet (§ 15a Abs. 1 InsO). Selbst wenn sein Vermögen seine Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, darf es nach der aktuellen Prognose noch bis zu 12 Monaten dauern bis wegen der drohenden Zahlungsunfähigkeit seine Fortführungsprognose negativ i.S.d. § 19 Abs. 2 InsO wird.
Wie ist also das als Vergleichsmaßstab heranzuziehende „nächstbeste Alternativszenario“ (BT-Drs. 19/24181, S. 128, StaRUG-RegE zu § 28 Abs. 1 Nr. 1) zu bestimmen? Für die Vergleichsrechnung, welche der darstellende Teil des Plans enthalten muss, schreibt § 6 Abs. 2 vor, dass bei der Ermittlung der Befriedigungsaussichten ohne Plan dann zu unterstellen ist, dass das Unternehmen fortgeführt wird, wenn auch der Plan eine Fortführung vorsieht. Dies gilt aber nicht, wenn ein Verkauf des Unternehmens oder eine anderweitige Fortführung aussichtslos ist.
Die Vorschrift erscheint deswegen auf den ersten Blick schwer verständlich, weil sie in ihrer Satzfolge Regel (Ausgehen von einer Fortführung) und Ausnahme (anderweitige Fortführung aussichtslos) scheinbar vertauscht. Denn es wird die Regel eines Sanierungsfalls nach dem StaRUG sein, dass eine anderweitige Fortführung – also eine Fortführung ohne geplante Eingriffe in Gläubigerrechte – nicht aussichtsreich ist. Sonst bedürfte es ja keines Plans. Wenn eine Fortführung ohne Plan aussichtsreich ist, was selbstredend die wahrscheinliche vollständige Befriedigung aller Gläubiger beinhaltet, wird ein in die Rechte der Gläubiger eingreifender Plan nicht die Hürde des § 26 Abs. 1 Nr. 1 überwinden, weil der Vergleichsmaßstab die vollständige Befriedigung ist. Es sind schon nicht viele Fälle denkbar, in denen in einem solchen Fall drohende Zahlungsunfähigkeit angenommen werden kann.
Die Funktion von § 6 Abs. 2 S. 2 u. 3 liegt daher darin, den Gläubigern nicht mit nicht erforderlichen bzw. unwahrscheinlichen Liquidationsszenarien unberechtigte Zugeständnisse abzuringen. Der Schuldner soll nicht ohne fundierte Begründung eine Liquidation unterstellen dürfen (BT-Drs. 19/24181, S. 116). Aus gleichen Gründen darf er auch die Vermögensinteressen seiner Eigentümer nicht durch Eingriffe in die Rechte seiner Gläubiger fördern, wenn stattdessen ein Verkauf (der den Fortbestand des Unternehmens mit Gläubigerbefriedigung, etwa durch zusätzliche Einlagen, ermöglicht) möglich ist. Die Vorschrift will aber nicht unwahrscheinliche Verläufe zum Vergleichsmaßstab und „Planverhinderer“ machen. Ist mithin mit fundierter Begründung ohne Plan von einer Liquidation auszugehen, so ist die Liquidation auch der Vergleichsmaßstab für den Plan (vgl. AG Köln Beschluss vom 3.3.2021 – 83 RES 1/21, BeckRS 2021, S. 5571 sub 7, i.E. auch AG Hamburg Beschluss vom 12.4.2021 – 61a RES 1/21, BeckRS 2021, S. 7959 Rn. 7, 11.).
§ 26 Abs. 1 Nr. 1 und § 6 Abs. 2 S. 2 u. 3 enthalten daher nach richtiger Auffassung keine Aussage darüber, ob Fortführungs- oder Liquidationswerte anzusetzen sind. Auszugehen ist von dem ohne Plan überwiegend wahrscheinlichen Verlauf ohne Unterstellung einer unnötigen Betriebseinstellung. Was der überwiegend wahrscheinliche Verlauf ohne Plan ist, ergibt sich hauptsächlich aus den voraussichtlichen Entscheidungen einer Geschäftsleitung, deren Ziel in einer drohenden Krise, in der sie einen Plan für erforderlich hält, sein muss, die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu wahren. Zwar wurde der dies ausdrücklich vorschreibende § 2 Abs. 1 StaRUG-RegE auf Empfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz wegen unklarer Abgrenzung zu den gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen gestrichen (BT-Drs. 19/25353, S. 6). Letztlich dürfte sich aber diese Verpflichtung ohnehin aus eben jenen gesellschaftsrechtlichen Regeln ergeben, nach denen die Geschäftsleitung mit der „Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes“ die wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaft bestmöglich zu fördern hat (vgl. MüKo-GmbHG/Fleischer, § 43 Rn. 55).
Unter dieser Maßgabe sind durchaus Sachverhalte denkbar, in denen eine ordentlich handelnde Geschäftsleitung den Betrieb ohne Plan zunächst fortführen würde. Bei den in Rede stehenden langen Prognosezeiträumen muss ein Scheitern der Fortführung ohne Plan keineswegs sicher sein und es kann bei Abwägung aller Umstände die kaufmännisch richtige Entscheidung sein, auch ohne Plan die Flinte nicht sofort ins Korn zu werfen, etwa weil die Chancen die Risiken überwiegen oder eine Fortführung jedenfalls erst einmal nicht schadet. Wenn in diesem Sinne auch ohne Plan eine Entscheidung für die Fortführung trotz drohender Zahlungsunfähigkeit kaufmännisch sinnvoll und rechtlich zulässig erscheint, muss auch in der Vergleichsrechnung auf der Seite "ohne Plan" von der Fortführung ausgegangen werden. Dabei ist das Risiko des Scheiterns der Fortführung bei der Berechnung der Befriedigungsaussichten ohne Plan durch plausible Risikoabschläge auf den Wert der Gläubigerforderungen zu berücksichtigen, wie sie auch im Falle eines Verkaufs der Forderung in Kenntnis der Lage der Schuldnerin zum tragen kämen (vgl. auch unten Rn. 20ff). § 6 Abs. 2 S. 2 u. 3 schreibt nicht die Annahme einer sicher erfolgreichen Fortführung vor – das würde in einem Sanierungsfall die Quadratur des Kreises bedeuten.
Da es für den Vergleich des § 26 Abs. 1 Nr. 1 immer auf den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert ankommt, welcher dem Gläubiger zufließt (Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 245 Rn. 7) ist für eine vergleichende Betrachtung nach der maßgebenden ökonomischen Betrachtung entweder zu diskontieren oder in Zahlungen mit gleichem Zeitpunkt umzurechnen (MüKo-InsO/Drukarczyk, § 245 Rn. 52) und zwar nach den tatsächlichen Marktgegebenheiten. Die Anwendung eines abweichenden gesetzlichen Zinssatzes führt zu nicht sachgerechten Verzerrungen.
Ob und wieweit die Eintrittswahrscheinlichkeit der auf beiden Seiten der Vergleichsrechnung angenommenen Ereignisse bewertet werden soll, ist im Insolvenzrecht umstritten, wobei die Frage meist nur bei der Bewertung der im Plan vorgesehenen Leistungen gestellt wird, wohl weil es dort häufig um die Partizipation der Gläubiger an dem (ungewissen) Erfolg einer weiteren Betriebsfortführung geht.
Abgelehnt wird eine Bewertung des Risikos hauptsächlich mit der Begründung, dass § 245 InsO keine entsprechende Prüfung des Gerichts vorsehe. Folge eines Scheiterns des Plans sei lediglich das Wiederaufleben der Forderungen (§§ 255 ff. InsO; vgl. Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 245 Rn. 11). Diese Begründung überzeugt nicht nur wegen § 255 Abs. 3 InsO bzw. § 69 Abs. 3 StaRUG nur begrenzt, sondern vor allem weil häufig die Änderung der Rechtsstellung der Restrukturierungsgläubiger nicht in der Fixierung einer festen Quote (die erfüllt werden könnte oder nicht), sondern in der sonstigen Regelung (§ 7 Abs. 2 S. 1 a.E. StaRUG, § 244 a.E. InsO) eines sog. Forderungsverzichts mit Besserungsschein, also einer nicht festen erfolgsabhängigen Quote liegen wird (vgl. MüKo-InsO/Breuer, § 224 Rn. 12). Zudem ist die Annahme, § 26 sähe keine Überprüfung der Planannahmen vor, nicht nur wegen des Wortes „voraussichtlich“ ausgesprochen zweifelhaft. Die Prüfung einer Schlechterstellung ist ökonomisch nicht ohne Überprüfung und Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit der Annahmen möglich – die Rechte aus einer offenkundig illusionären Gewinnerwartung sind keine Besserstellung (so auch Braun-InsO/Franck, § 245 Rn. 4). Auch dürfte es nicht der Sinn der „Notbremse“ des § 69 Abs. 1 sein, von vornherein aussichtslose Pläne zu fördern.
Mindestens die „Machbarkeit“ ist daher zu prüfen (Franck a.a.O.; K. Schmidt/Spliedt, § 245 Rn. 10 ff., beide mit Hinweis auf 11 U.S. Code § 1129 (a) (11)), wonach nur bestätigt werden soll, wenn „(...) confirmation of the plan is not likely to be followed by the liquidation, or the need for further financial reorganization“. Für das StaRUG dürfte dies zwanglos schon aus § 63 Abs. 1 Nr. 3 herzuleiten sein.
Allein mit der Annahme einer „Machbarkeit“ des Plans i.S. einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit lässt sich aber ökonomisch keine Gleichbewertung einer (angenommen) unsicheren Forderung aus Teilhabe an Betriebsfortführungsgewinnen mit einer (angenommen) sicheren Forderung aus Teilhabe an Liquidationserlösen rechtfertigen. Eine sichere Forderung ist offenkundig mehr wert als eine unsichere, eine unsichere mehr als eine sehr unsichere (instruktiv und ausführlich zur Risikobewertung MüKo-InsO/Drukarczyk, § 245 InsO Rn. 55 ff.). Nur wenn eine Bewertung der Forderung unter Berücksichtigung aller möglichen Entwicklungen – dazu gehört auch eine Bewertung der Folgen eventuellen Wiederauflebens gemäß § 69 Abs. 1 (Spliedt, a.a.O., Rn. 10) – eine Besserstellung ergibt, ist diese tatsächlich gegeben. Wenn § 26 Abs. 1 Nr. 1 angewendet werden soll, muss eine solche Bewertung in plausibler Form in der Vergleichsrechnung des Plans vorgenommen werden.
In den Fällen des StaRUG ist offensichtlich, dass dies auch für die „ohne Plan“-Rechnung gilt – anders als nach der InsO geht es hier ja nicht um eine vermeintlich sichere Abwicklung „im Regelverfahren“, sondern um eine Prognose die mit Plan genauso sicher oder unsicher ist wie ohne.
Dabei soll hier nicht langen Gutachten gerichtlicher Sachverständiger zur Frage einer objektiven richtigen Bewertung, die es nie geben wird, das Wort geredet werden. Bei seiner Bestätigungsentscheidung kann sich das Gericht auf die Prüfung der Angaben im Plan und den ergänzenden Vortrag abweichender Gläubiger im Erörterungstermin bzw. im Bestätigungsverfahren verlassen – mit diesen Willenserklärungen bestimmen die Beteiligten den Rahmen der erforderlichen Schlüssigkeitsprüfung (vgl. AG Köln Beschluss vom 3.3.2021 – 83 RES 1/21, BeckRS 2021, S. 5571 sub 6.). Weitergehende eigene Ermittlungen muss das Gericht nicht durchführen. Herleiten lässt sich dies trotz des grundsätzlich geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 39 Abs. 1 Nr. 1) einerseits aus dem Umkehrschluss aus § 63 Abs. 1 Nr. 3. Danach ist von Amts wegen (nur) dann zu versagen, wenn der Plan offensichtlich nicht erfüllt werden kann. Zum anderen setzt ein Antrag auf Versagung der Bestätigung wegen Schlechterstellung eines einzelnen Gläubigers gemäß § 64 Abs. 3 S. 2, Abs 4 die Glaubhaftmachung der Schlechterstellung voraus, wonach sich die Amtsermittlungspflicht des Gerichts nur auf die Prüfung der glaubhaft gemachten Tatsachen bezieht (MüKo-InsO/Sinz, § 251 Rn. 50; K. Schmidt/Spliedt, § 251 Rn. 28; BGH NZI 2014, S. 751 Rn. 23). Es wäre ein Wertungswiderspruch, wenn außerhalb eines solchen Antrags ein weitergehender Prüfungsrahmen bestünde – dann bräuchte es die Antragspflicht nicht.
Um Minderheitenschutzanträgen vorzubeugen, werden in der Praxis der Planerstellung salvatorische Klauseln aufgenommen, welche zusätzliche Leistungen an einen Beteiligten vorsehen, für den Fall dass dieser durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt wird als er ohne ihn stünde. Solche Klausel sind zweifelsfrei zulässig und führen, wenn die Zahlungen hinreichend gesichert sind und die Schlechterstellung beseitigen (BGH NZI 2017,S. 751 Rn.14; Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 251 Rn. 36), zur Abweisung eines Minderheitenschutzantrages, § 64 Abs. 3 bzw. § 251 Abs. 3 InsO. Nach richtiger Auffassung (MüKo-InsO/Eidenmüller, § 221 Rn. 50 ff.) eröffnet dies auch die Anwendung des Obstruktionsverbots, da die Beseitigung der Schlechterstellung (aller) einzelnen Gläubiger immer auch die in § 245 InsO zu prüfende Schlechterstellung einer Gruppe beseitigt. Die mit der fehlenden Erwähnung solcher Klauseln in § 245 InsO begründete Gegenmeinung (K. Schmidt/Spliedt, § 245 Rn. 15) ist mit der ausdrücklichen Erwähnung in § 251 Abs. 3 InsO nicht vereinbar und verkennt die unproblematisch mögliche Einbeziehung solcher Klauseln in die Prüfung der voraussichtlichen Schlechterstellung. Denn wenn eine voraussichtliche Schlechterstellung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch Anwendung der Klausel beseitigt wird, ist die Schlechterstellung nicht mehr „voraussichtlich“, ob solche Klauseln nun in § 26 ausdrücklich erwähnt werden oder nicht.
§ 26 Abs. 1 Nr. 2 verweist auf § 27 und verlagert damit die an § 245 Abs. 2 InsO angelehnte Regelung der angemessenen Beteiligung in eine eigene Norm. § 27 folgt der in 11 U.S. Code § 1129 normierten absolute priority rule und es gilt das Verbot der Überbefriedigung (§ 27 Nr. Abs. 1 Nr. 1), das Gebot der Rangwahrung (§ 27 Abs. 1 Nr. 2) und der Gleichbehandlung von ranggleichen Gruppen (§ 27 Abs. 1 Nr. 3). Auf die Kommentierung der Vorschrift wird verwiesen – soweit dabei Forderungen zu bewerten sind, gelten die obigen Ausführungen unter Rn. 19 - 26.
Entsprechend § 245 Abs. 1 Nr. 3 InsO schreibt § 26 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG für die Ingangsetzung des Obstruktionsverbots die Zustimmung der Mehrheit der abstimmenden Gruppen mit den erforderlichen Mehrheiten (gemeint ist die ¾ Mehrheit des § 25 auf der Basis einer Stimmgewichtung gemäß § 24), also eine „Mehrheits-Mehrheit“ (K. Schmidt/Spliedt, § 245 Rn. 18) vor. Dabei lassen sich die im Ergebnis der Vorschrift auf alle Gläubiger bezogenen Erfordernisse weder mit der insolvenzrechtlichen Regelung vergleichen noch in ein systematisches Verhältnis setzen: das StaRUG schreibt in den Gruppen keine Kopfmehrheit, aber eine qualifizierte Summenmehrheit vor, Enthaltungen gelten als Ablehnung und der Plan muss nicht alle Gläubiger betreffen.
Mit der insolvenzrechtlichen Literatur (MüKo-InsO/Drukarczyk, § 245 Rn. 25, Braun-InsO/Frank, § 245 Rn. 24) ist allerdings die Frage nach dem Sinn der Vorschrift zu stellen, welche weder von der Regierungsbegründung noch der dort in Bezug genommenen RL 2019/1023 beantwortet wird. Erwägungsgrund 54 der Richtlinie hält die Zustimmung einer Gruppe für ausreichend. Selbst diese Notwendigkeit könnte ja mit guten Gründen hinterfragt werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Obstruktionsverbots gegeben sind (vgl. zu der Diskussion MüKo-InsO/Drukarczyk, § 245 Rn. 25 f. m. w. Nw.).
Entsprechend einschränkend wird § 245 Abs. 1 Nr. 3 InsO dahingehend ausgelegt, dass Gruppen die zwar zur Abstimmung aufgerufen waren, aber nicht abgestimmt haben, weil sich kein Gläubiger beteiligt hat, nicht eingerechnet werden sollen (Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 245 Rn. 40; Braun-InsO/Frank, § 245 Rn. 24; HambKommInsR/Thies, § 245 Rn. 19). Schon für die InsO ist diese Auslegung allerdings kaum mit dem Wortlaut zu vereinbaren, denn wenn zu einer Abstimmung aufgerufen ist, hat die Abstimmung auch dann stattgefunden, wenn sich alle Gläubiger enthalten. Nach richtiger Auffassung (Braun-StaRUG/Herzig, § 26 Rn. 19) gilt dies erst Recht für das StaRUG, denn anders als unter der InsO stimmt ein Gläubiger, der nicht abstimmt, nach § 25 dagegen. Es zählt daher auch das (negative) Ergebnis einer Gruppe, in der kein Gläubiger eine Stimme abgegeben hat.
Während § 26 Abs. 1 Nr. 3 Hs. 2 die Ingangsetzung des Obstruktionsverbots für den Fall, dass nur zwei Gruppen vorhanden sind, erleichtert (die Zustimmung einer Gruppe ist ausreichend), fordert Hs. 3 für alle Fälle (nicht nur für den Fall dass nur zwei Gruppen gebildet wurden), dass nicht nur Anteilseigner und/oder nachrangige Restrukturierungsgläubiger zustimmen. Damit sollen die Vorgaben von Art. 11 Abs. 1b RL 2019/1023 Umgesetz werden, nach denen der Plan entweder (i) von einer Gruppe von gesicherten Gläubigern oder (ii) jedenfalls von einer Gruppe mit in der alternativen Liquidation werthaltigen Forderungen angenommen worden sein muss.
Wenn § 26 Abs. 1 Nr. 3 Hs. 3 diesen Vorgaben genügen soll, setzt dies allerdings (wie die Regierungsbegründung zu der Vorschrift auch zutreffend vermerkt) voraus, dass nicht nachrangige Restrukturierungsforderungen im Alternativszenario regelmäßig zu unterstellende Aussicht auf zumindest partielle Befriedigung haben, also nicht wertlos sind. Diese pauschale Betrachtung hält die Regierungsbegründung mit Hinweis auf den letzten Hs. von Art. 11 Abs. 1b ii RL 2019/1023 für zulässig. Dort geht es allerdings entsprechend der abweichenden negativ abgrenzenden Systematik der Vorschrift um die pauschale Annahme der Wertlosigkeit der nicht ausreichenden Gruppen und nicht um die pauschale Annahme der Werthaltigkeit von ausreichenden Gruppen. Die Begründung des Regierungsentwurfs ist daher nicht kohärent: aus dem Umstand, dass nachrangige Forderungen in der Insolvenz in der Regel wertlos sind, lässt sich nicht schließen, dass nicht nachrangige Forderungen regelmäßig werthaltig sind.
Geht man dennoch von der Zulässigkeit der nationalen Regel aus, stellt sich die weitere Frage, ob die pauschalierende Annahme der Werthaltigkeit von einfachen Restrutkturierungsforderungen tatsächlich stimmig ist. Dies ist zweifelhaft. Dass auch Liquidationsszenarien größerer Betriebe eben wegen der Absonderungsanwartschaften keine „freie Masse“ für ungesicherte Gläubiger vorweisen, ist keine Ausnahme und dürfte gerade der Grund für die andere Systematik von Art. 11 Abs. 1b i und ii der Richtlinie sein.
Die knappe Begründung im Regierungsentwurf ist klar: Greift der Plan in Rechte von Gläubigern aus gruppeninternen Drittsicherheiten ein oder beschränkt er die Haftung der persönlich haftenden Gesellschafter (§ 2 Abs. 4), kommt eine gruppenübergreifende Überstimmung nur dann in Betracht, wenn der Plan für den Eingriff eine angemessene Entschädigung vorsieht (BT-Drs. 19/24181, S. 128). Allerdings ist der Wortlaut der Vorschrift missglückt. Nach diesem geht es um Gruppen, die nach § 9 Abs. 1 S. 3 zu bilden sind (Gläubiger aus gruppeninternen Drittsicherheiten). Die Rechte dieser Gläubiger können gemäß § 2 Abs. 4 gestaltet werden. Diese Gläubiger müssen für den zu erleidenden Rechtsverlust oder den Verlust der Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters angemessen entschädigt werden – alle anderen Gläubiger werden vom Wortlaut nicht angesprochen.
Laut Regierungsbegründung ist dies aber nicht gemeint – insofern dürfte die Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut so zu verstehen sein, dass für die Ingangsetzung des Obstruktionsverbots alle Restrukturierungsgläubiger für den durch Gestaltung ihrer Forderung regelmäßig (§ 11 S. 2, entsprechend § 227 Abs. 2 InsO) einhergehenden entsprechenden Verlust der Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters i.S.d. § 2 Abs. 4 S. 1 Hs. 2 angemessen entschädigt werden müssen (im Ergebnis ebenso Spahlinger, NZI-Beilage 2021, S. 32, 34 f.). Der missglückte Wortlaut mag damit zusammenhängen, dass für die insoweit – Verlust der Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters – betroffenen Gläubiger nicht die regelmäßige Bildung einer eigenen Gruppe vorgeschrieben ist, sondern der Verlust dieser Haftung gemäß § 11 S. 2 ein gruppenübergreifendes Phänomen ist. Allerdings ist dies nicht zwingend – in den Fällen, in denen beispielsweise die persönliche Haftung der Gesellschafter ausgeschlossen ist, muss möglicherweise innerhalb der einfachen Restrukturierungsforderungen gemäß § 9 Abs. 2 weiter unterteilt werden. Soweit Gesellschafter über ihre persönliche Haftung hinaus besondere Sicherheiten gegeben haben, findet § 11 S. 2 StaRUG wie § 227 Abs. 2 InsO keine Anwendung (K. Schmidt/Spliedt, § 227 Rn. 4) und eine Gestaltung kommt nur in Betracht, wenn es sich zugleich um eine gruppeninterne Drittsicherheit handelt.
Welchen eigenständigen Anwendungsbereich die Vorschrift neben dem Schlechterstellungsverbot des § 26 Abs. 1 Nr. 1 hat, ist zweifelhaft. Soweit die Sicherheit oder persönliche Haftung ohne Plan werthaltig ist, dürfte dem Gläubiger schon nach dem Schlechterstellungsverbot immer dieser Wert zufließen müssen, um das Obstruktionsverbot in Gang zu setzen (vgl. auch Braun-StaRUG/Herzig, § 26 Rn. 22).