(1) In besonderen Fällen können Stundensätze als Grundlage für das Honorar festgesetzt werden, welche die Höchstbeträge des § 81 Absatz 3 übersteigen, insbesondere, wenn

  1. alle voraussichtlichen Auslagenschuldner zustimmen,

  2. sich ansonsten keine geeignete Person zur Übernahme des Amtes bereit erklärt oder

  3. die dem Restrukturierungsbeauftragten übertragenen Aufgaben unter den besonderen Umständen der Restrukturierungssache den Aufgaben nahekommen, die einem Sachwalter in einem in Eigenverwaltung geführten Insolvenzverfahren übertragen sind, insbesondere, weil eine allgemeine Stabilisierungsanordnung ergeht oder weil in den Restrukturierungsplan mit Ausnahme der nach § 4 auszunehmenden Gläubiger alle oder im Wesentlichen alle Gläubiger und an dem Schuldner beteiligten Personen einbezogen werden.

Im Fall des Satzes 1 Nummer 3 kommt auch eine Vergütung nach anderen Grundsätzen, insbesondere eine Bemessung auf Grundlage des Wertes der in den Restrukturierungsplan einbezogenen Forderungen gegen den Schuldner oder des Unternehmensvermögens in Betracht.

(2) Wenn der Restrukturierungsbeauftragte auf Antrag und auf Vorschlag aller voraussichtlichen Auslagenschuldner bestellt wird und der Restrukturierungsbeauftragte und sämtliche Auslagenschuldner eine Vereinbarung über die Vergütung vorlegen, hat das Gericht diese Vereinbarung der Bemessung der Vergütung zugrunde zu legen, wenn die Vereinbarung nicht zu einer unangemessenen Vergütung führt.


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Für Restrukturierungsverfahren, die von ihrem Schwierigkeitsgrad her oder aufgrund des Umfangs der übertragenden Aufgaben erheblich vom Regelfall abweichen, kann ausnahmsweise eine von § 81 abweichende Vergütung vereinbart oder festgesetzt werden,

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§ 83 stellt eine Ausnahme von der Regelvergütung dar, die im Falle des Vorliegens besonderer Umstände eine Überschreitung von den gemäß § 81 Abs. 3 zulässigen Höchstbeträgen zulässt. Dies beinhaltet sowohl die Tätigkeiten des Restrukturierungsbeauftragen, als auch die seiner qualifizierten Mitarbeiter. Unter bestimmten Umständen ist auch eine vom Zeithonorar abweichende Vergütung möglich. Dies dürfte insbesondere die Fälle betreffen, in denen dem Restrukturierungsbeauftragten Aufgaben übertragen worden sind, die denen eines Sachwalters in einem in Eigenverwaltung geführten Insolvenzverfahren nahekommen (§ 83 Abs. 1 Nr. 3).

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Soweit sich alle voraussichtlichen Auslagenschuldner darüber einig sind, dass dem Restrukturierungsbeauftragten eine höhere Vergütung als der in § 81 Abs. 3 S. 2 geregelte Höchststundensatz gewährt werden soll, ist eine Festsetzung des Stundensatzes durch das Restrukturierungsgericht nicht erforderlich und auch nicht sachgerecht. Voraussetzung ist jedoch die ausdrückliche Zustimmung aller Auslagenschuldner zu dem höheren Stundensatz. Dies gilt vom Sinn und Zweck der Vorschrift nicht nur für die Vergütung des Restrukturierungsbeauftragen selbst, sondern auch die seiner qualifizierten Mitarbeiter. Nicht eindeutig ist, ob die Vorschrift nur die Fälle erfasst, in denen der Restrukturierungsbeauftragte auf Antrag der Gläubiger bestellt wird oder ob sie auch die Fälle der auf Initiative des Schuldners erfolgten Bestellung beinhaltet. Der Wortlaut der Vorschrift ist insoweit nicht eindeutig. Nach Auffassung von Thole (Thole ZIP 2020, S. 1985, 1988) wäre in diesen Fällen der Schuldner alleiniger Auslagenschuldner und müsste dann mit dem Restrukturierunsbeauftragten eine entsprechende Vergütungsvereinbarung treffen.  

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Nach dem Willen des Gesetzgebers soll auch der privatautonom mit Zustimmung aller Auslagenschuldner vereinbarte höhere Stundensatz nicht unangemessen sein. Eine Unangemessenheit dürfte insbesondere dann gegeben sein, wenn hierdurch Fehlanreize für den Restrukturierungsbeauftragten entstehen könnten oder aber auch eine Benachteiligung der Gläubiger, die an der Vereinbarung nicht beteiligt waren (Begr. zu § 90 RegE SanInsFoG, neu: § 83, 178, Anhang C Rn. 448). Die diesbezügliche Kontrolle erfolgt nach dem Willen des Gesetzgebers durch das Restrukturierungsgericht (Begr. zu § 90 RegE SanInsFoG, aaO). Stellt dies eine Gläubigerbenachteiligung fest, muss es den höheren Stundenvergütungssatz als unangemessen zurückweisen und stattdessen einen angemessenen Stundensatz innerhalb des Regelrahmens festlegen (Braun-StaRUG/Wolf, § 83 Rn. 5). Die diesbezügliche von der einstimmigen Entscheidung der Auslagenschuldner abweichende  Entscheidung ist vom Restrukturierungsgericht zu begründen.    

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Erfordert das Verfahren aufgrund seiner hohen Komplexität oder eines besonderen Schwierigkeitsgrades umfangreiche Spezialkenntnisse, über die der Durchschnitt der nach § 74 Abs. 1 in Betracht kommenden Personen nicht verfügt und ist eine derartige Expertise zu den Bedingungen der Regelvergütung am Markt nicht zu bekommen, kann auch dies eine höhere Vergütung rechtfertigen. Ist für die Bearbeitung des Verfahrens ein besonderes know-how erforderlich, dürfte insoweit maßgeblich sein, zu welchen Konditionen derartige Dienstleistungen am Markt üblicherweise vergütet werden. Gleiches gilt für den Fall, dass das Verfahren ein so hohes Haftungsrisiko birgt, das sich dieses mit den Höchstbeträgen der Regelvergütung nicht mehr adäquat decken lässt (Braun-StaRUG/Wolf, § 83 Rn.6).

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Auch in den Fällen, in denen die auf den Restrukturierungsbeauftragten übertragenen Aufgaben denen eines Sachwalters in einem Eigenverwaltungsverfahren gemäß §§ 270 ff. InsO ähneln, kann eine höhere Vergütung als die Regelvergütung gemäß § 81 angemessen sein. Hiervon dürften insbesondere Fälle erfasst sein, in denen dem Restrukturierungsbeauftragten auch umfangreiche Überwachungs- und Prüfungstätigkeiten übertragen werden, die ein auch ein erhöhtes Haftungsrisiko beinhalten. Dies gilt auch für die Fälle, in denen eine Restrukturierungsanordnung gemäß § 52 ergeht oder bei denen in den Restrukturierungsplan nahezu alle aufzunehmenden Gläubiger und Anteilsinhaber einbezogen werden (Braun-StaRUG/Wolf, § 83, Rn. 7). Insofern dient die prozentuale Wertvergütung nach § 63 Abs. 1 InsO als Vorbild, wobei die Insolvenzmasse hierfür nicht Bemessungsgrundlage sein kann (Begr. zu § 90 RegE SanInsFoG, neu: § 83, 178, Anhang C Rn. 447). Als Bemessungsgrundlage bieten sich eher das Unternehmensvermögen zu Fortführungswerten oder der Wert der in den Restrukturierungsplan einbezogenen Forderungen an (Braun-StaRUG/Wolf, § 83, Rn. 7). Denkbar wäre aber auch Vergütungsmodelle, die sich an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen orientieren oder Pauschalen vorsehen (Braun-StaRUG/Wolf, § 83, Rn. 7; Deppenkemper ZIP 2020, S. 2432, 2442).

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Ist die Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten auf einstimmigen Antrag oder Vorschlag der Auslagenschuldner erfolgt und haben sich diese auf einen höheren als den in § 81 Abs. 3 S. 2 geregelten Höchststundensatz geeinigt, ist eine Festsetzung des Stundensatzes durch das Restrukturierungsgericht gemäß § 84 Abs. 2 nicht erforderlich. Vielmehr ist das Restrukturierungsgericht an diese Vereinbarung gebunden, soweit diese nicht als unangemessen anzusehen ist (Begr. zu § 90 RegE SanInsFoG, neu: § 83, 178, Anhang C Rn. 451; zur Frage der Unangemessenheit und der Prüfungspflicht des Restrukturierungsgericht vgl. auch Rn. 4). Voraussetzung ist jedoch, dass sich alle voraussichtlichen Auslagenschuldner darüber einig sind, dass dem Restrukturierungsbeauftragten eine höhere Vergütung als der in § 81 Abs. 3 S. 2 geregelte Höchststundensatz gewährt werden soll. Dies muss dem Restrukturierungsgericht zweifelfrei dargelegt werden. Die Pflicht zur Vorlage der Vergütungsvereinbarung beinhaltet auch das Erfordernis, dass diese in Schriftform gemäß § 126b BGB abgefasst sein muss.