(1) Auf Antrag des Schuldners bestätigt das Gericht den von den Planbetroffenen angenommenen Restrukturierungsplan durch Beschluss. Der Antrag kann auch im Erörterungs- und Abstimmungstermin gestellt werden. Ist die Planabstimmung nicht im gerichtlichen Verfahren (§ 45) erfolgt, hat der Schuldner dem Antrag auf Bestätigung des Restrukturierungsplans neben dem zur Abstimmung gestellten Plan und seinen Anlagen die Dokumentation über das Abstimmungsergebnis sowie sämtliche Urkunden und sonstigen Nachweise beizufügen, aus denen sich ergibt, wie die Abstimmung durchgeführt wurde und zu welchem Ergebnis sie geführt hat.

(2) Handelt es sich bei dem Schuldner um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder um eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, bedarf der Antrag auf Bestätigung eines Restrukturierungsplans, der die persönlich haftenden Gesellschafter nicht von deren Haftung für die durch den Plan gestalteten Forderungen und Rechte befreit, der Zustimmung aller persönlich haftenden Gesellschafter. Dies gilt nicht, soweit es sich bei den persönlich haftenden Gesellschaftern

  1. um juristische Personen handelt oder
  2. um Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit handelt, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist und kein persönlich haftender Gesellschafter selbst eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

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Mit Rücksicht auf die Art. 10 und 14 RL ist der Umsetzungsgrad zur Verfahrenshilfe der Planbestätigung in den §§ 60-66 nominal sehr hoch, da allein die Vorgaben des Art. 10 Abs1c RL nicht umgesetzt wurden. Ein im Restrukturierungsplan vorgesehener Verlust von mehr als 25% der Arbeitsplätze wäre nach Ansicht des Gesetzgebers mit deutschem Recht nicht in Konkordanz zu bringen gewesen (Begr. zu § 74 RegE SanInsFoG, 165, Anhang C Rn. 362). Gleichzeitig ist in den §§ 60-66 eine starke Anlehnung an die Vorschriften zum Insolvenzplan zu erkennen. Der deutsche Gesetzgeber tat sich damit im Rahmen der §§ 60-66 leichter mit der Gewährung von Verfahrenshilfen, die systematisch und dogmatisch dem deutschen Recht alles andere als fremd sind. Der Rechtanwender trifft insbesondere bei der Verfahrenshilfe „Planbestätigung“ auf die bereits aus dem Insolvenzplanverfahren bekannte gerichtliche Bestätigung des „gerichtlichen Abstimmungsverfahrens“ (Thole, ZIP 2020, S. 1985 ff., 1997). Die Planbestätigung nach § 60 komplementiert damit vier bereits bekannte Verfahrenshilfen neben der gerichtliche Planabstimmung gemäß § 45 und der gerichtlichen Vorprüfung gemäß §§ 46 ff. sowie der Anordnung von Vollstreckungs- und Verwertungssperren gemäß §§ 49 ff. Die an § 103 InsO angelehnte Verfahrenshilfe einer gerichtlichen Beendigung von gegenseitigen Verträgen war im Regierungsentwurf ebenfalls zunächst vorgesehen (Begr. RegE SanInsFoG, S. 93). Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde diese Regelung jedoch gestrichen, da sich die kritischen Stimmen und die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz schließlich durchsetzen konnten (Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss) vom 16.12.2020, Drs. 19/25353, S. 8, 9). Diese Entwicklung ist aus dogmatischen Gründen, aber auch aus der Sicht des sanierenden Praktikers, zu bedauern. Mag man auch bei erster Überlegung - mit Rücksicht darauf, dass sich der Restrukturierungsplan außerhalb einer Insolvenz zu bewegen hat – auch mit einem Eingriff in die Vertragsfreiheit schwerer tun als im Falle einer auf Sicherung und Gleichbehandlung fixierten Insolvenz (der gesetzgeberische Zweck des § 103 InsO folgt gerade dem besonderen Bedürfnis nach Massesicherung und Gleichbehandlung der Gläubiger, vgl. HambKommInsR/Ahrendt, § 103 Rn. 3). Warum aber der Gesetzgeber einen Eingriff in die Vertragsfreiheit im Falle eines sog. „Cram-Downs“ (Reduzierung von Verbindlichkeiten) als gerechtfertigt ansieht, einen Eingriff durch sog. „Cherry-Picking“ (Freie Wahl der Fortsetzung bei schwebenden Verträgen) jedoch nicht zulassen will, erschließt sich dogmatisch nicht.

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In Abgrenzung zum deutschen Insolvenzplanrecht, das nach § 248 InsO eine Planbestätigung als wesentliches formales Verfahrensziel vorsieht, sieht die Richtlinie eine formale gerichtliche bzw. behördliche Bestätigung des Restrukturierungsplans nur als Ausnahme in Fällen bestimmter materieller Relevanz vor (Morgen/Backes/Blankenburg, Präventive Restrukturierung, Art. 10 Rn. 5). Hierbei handelt es sich Pläne, die Gläubiger gegen ihren Willen beeinträchtigen, neue Finanzierungen vorsehen oder zu einem Verlust von mehr als 25% der Arbeitsplätze führen, sofern die Option zum Abbau von Arbeitsplätzen überhaupt vom nationalen Gesetzgeber übernommen wird (Wahlrecht), (Morgen/Backes/Blankenburg, Präventive Restrukturierung, Art. 10 Rn. 9; Braun-StaRUG/Fendel, Vorb. §§ 60-66 Rn. 2). Der deutsche Gesetzgeber hat von seinem Wahlrecht keinen Gebrauch gemacht. Es ist jedoch vorstellbar, dass das StaRUG wenigstens im Bereich der arbeitsrechtlichen Restrukturierung noch eine nachhaltige Ergänzung erfährt. Arbeitsrechtliche Anpassungen bilden im vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren in der Regel ein notwendiges Kernelement. Der Druck auf den Gesetzgeber wird daher wachsen, im Einklang mit nationalem Recht wenigstens im Hinblick auf die bekannten arbeitsrechtlichen Restrukturierungsinstrumente, wie zum Beispiel Kurzarbeit, Interessenausgleich, Sozialplan und Transfergesellschaften, in Sondersituationen noch weitergehende gerichtliche Verfahrenshilfen zu eröffnen.

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Als materiellen Basis-Standard bzw. Mindestvoraussetzungen regelt Art. 10 Abs. 2 RL für den Restrukturierungsplan, dass dieser zunächst allen Betroffenen mit dem Nachweis einer etwaig notwendigen und angemessenen Finanzierung zur Kenntnis gebracht und nach Art. 9 RL angenommen wurde. Die Gläubiger haben dabei in ihren Klassen nach Forderungshöhe abgestimmt. Ablehnenden Gläubiger kann im Plan das Kriterium des Gläubigerinteresses entgegenhalten werden. Letzteres darf als materieller Leitgedanke des Plankonzepts verstanden werden. In Anlehnung an § 245 InsO kann nämlich eine Planbestätigung nicht erfolgen, wenn ein (antragstellender) Gläubiger durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt würde als ohne Plan (Braun-InsO/Frank, § 245 InsO Rn. 3; Braun-StaRUG/Fendel, § 64 Rn. 8). Folglich muss der Planbetroffene nach objektiv-wirtschaftlicher Betrachtung (Morgen/Backes/Blankenburg, Präventive Restrukturierung, Art. 10 Rn. 35) im Rahmen einer Vergleichsrechnung nach § 6 Abs. 2 festgestellt werden, wie der Betroffene mit und ohne Plan stünde (HambKommInsR/Thies, § 245 Rn. 7).

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Mit der Bestätigung des Plans wird das gerichtlich angestrebte Ziel der Sanierung erreicht: Die im gestaltenden Teil definierten und festgelegten Wirkungen treten gegenüber den Planbetroffenen ein, ungeachtet der Frage, ob diese gegen den Plan gestimmt oder überhaupt an der Abstimmung teilgenommen haben, wenn jedenfalls eine ordnungsgemäße Ladung/Beteiligung nach § 67 Abs.1 S.1 und S.2 erfolgte (Schäfer, ZIP 2020, S. 2164, 2165; Schluck-Amend, ZRI 2020, S. 575). Damit bildet die Planbestätigung das für die Sanierungstreiber und Betroffenen entscheidende Kernstück der in § 29 aufgeführten „Sanierungs-Tools“ (Braun-StaRUG/Fendel, Vorb. §§ 60-66 Rn. 6).

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Die Vorschrift grenzt – orientiert am Grundsatz einer minimalen Gerichtsbeteiligung nach Art. 4 Abs. 6 RL (Flöther/Madaus, Sanierungsrecht, Einführungen, Abschnitt F Rn. 199) - spezifisch für das Restrukturierungsplanverfahren die Autonomie und Initiativrechte der Beteiligten gegenüber einem Verfahrensautomatismus, wie er in der InsO anzutreffen ist, deutlich ab. Während der Insolvenzplan seine materiellen Wirkungen nach § 248 InsO nur nach Bestätigung durch das Insolvenzgericht zu entfalten vermag, ist der Restrukturierungsplan als Gestaltungsinstrument sowohl in der Variante des gerichtlich bestätigten als auch des nicht gerichtliche bestätigten Plans denkbar. Darüber hinaus ist der Weg zur gerichtlichen Bestätigung variabel: Der Schuldner bzw. der „Sanierungstreiber“ mit dem Schuldner können die Planbestätigung sowohl nach einer bereits erfolgten außergerichtlichen Planabstimmung als auch gleich direkt im Zuge einer gerichtlichen Planabstimmung betreiben (Vallender, ZInsO 2020, S. 2677, 2678). Dieses „Flexible-Response-Prinzip“ erleichtert die Moderation eines Restrukturierungskonzepts zwischen den Beteiligten und erhöht die Wahrscheinlichkeit, einen Gesamtvergleich mit allen Gläubigern und damit ein Maximum an Akzeptanz für den Plan zu erreichen.

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Ab bestimmten Eingriffsschwellen bedarf ein Plan allerdings zur Verbindlichkeit zwingend einer gerichtlichen Bestätigung, vgl. Art. 10 Abs. 1 RL. Hierbei handelt es sich um Pläne, die Gläubiger gegen ihren Willen beeinträchtigen und/oder neue Finanzierungen vorsehen.

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In personeller Hinsicht ist das Antragsrecht streng auf den Schuldner reduziert. Vorinsolvenzlich wird sich mit Rücksicht auf Art. 2, 14 Grundgesetz eine Sanierungspflicht des Schuldners auch wohl kaum herleiten lassen. Der Gesetzgeber hat daher auch ausdrücklich keinerlei weitere Antragsbefugnisse, zum Beispiel für Anteilseigner oder Gläubiger, zugelassen (Begr. zu § 67 Abs.2 RegE SanInsFoG, S. 161). In Ermangelung einer Antragspflicht  wird auch im Falle der Führungslosigkeit einer Kapitalgesellschaft kein Anteilseigner analog § 15a Abs. 3 InsO einen Antrag nach § 60 stellen können, zumal es in den meisten Fällen in der Hand der Anteilseigner liegt, den Zustand der Führungslosigkeit der Gesellschaft und der damit fehlenden Prozessfähigkeit (Im vorinsolvenzlichen StaRUG-Verfahren sind die insolvenzrechtlichen Relativierungen der Prozessfähigkeit nicht denkbar, vgl. HambKommInsR/Linker, § 13 Rn. 16) schnell zu beenden (gemeint ist damit die zügige Bestellung einer neuen Geschäftsleitung und nicht nur die Bestellung eines Verfahrenspflegers gemäß § 57 ZPO im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens, da die schuldnerischen Kardinalpflichten nach dem StaRUG, allen voran die Krisenfrüherkennung nach § 1, nur von einem ordentlich vertretenen Schuldner erfüllt werden können).

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Sachlich nimmt der Antrag Bezug einen Restrukturierungsplan, der von den Betroffenen (mehrheitlich) angenommen wurde – entweder in einem gerichtlichen Abstimmungs- und Erörterungstermin nach §§ 45, 46 oder außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens. Die gerichtliche Bestätigung hat durch einen Beschluss zu erfolgen, wenn für das Gericht keine Zweifel an der Einhaltung der Verfahrensvorschriften nach §§ 5 ff., 24 ff., 29 ff. und insbesondere keine Versagungsgründe nach § 63 bestehen. Erfolgte die Planabstimmung außerhalb eines gerichtlichen Abstimmungsverfahrens, wird das auf Antrag später prüfende Gericht die Einhaltung der Abstimmungsregeln nach §§ 17 ff. zu überprüfen haben, vgl. § 23. § 60 fordert daher vom Schuldner neben der Vorlage des Plans nebst Anlagen insbesondere die Dokumentation gemäß §§ 17 ff. über das Abstimmungsergebnis sowie sämtliche Urkunden sonstige Nachweise, aus denen sich ergibt, wie die Abstimmung durchgeführt wurde und zu welchem Ergebnis sie geführt hat.

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Personengesellschaften sind in Insolvenz- und Sanierungssituationen im Hinblick auf die Gesellschafter „Haftungstransparent“, wodurch insbesondere natürliche Personen als persönlich haftende Gesellschafter besonderen Risiken ausgesetzt sind. § 60 Abs. 2 soll natürliche Personen davor schützen, ohne weiteres (jedenfalls ungefragt) in derartige Situationen gezogen zu werden (Braun-StaRUG/Fendel, § 60 Rz. 6). Folglich wurde für diese gefährdete Personengruppe ein entsprechender Zustimmungsvorbehalt berücksichtigt (Begr. zu § 67 Abs.2 RegE SanInsFoG, S. 161).

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Mag auch mehrheitlich erwartet werden, dass die gerichtlichen Abstimmungsverfahren in der Praxis die Regel darstellen werden, um auf „Nummer sicher“ zu gehen (Braun-StaRUG/Fendel, § 60 Rn. 7), so sollte dennoch die Praktikabilität und Schnelligkeit des außergerichtlichen Abstimmungsverfahrens nicht unterschätzt werden. Für die Praxis wäre jedoch anzuraten, auch außergerichtliche Planabstimmungen, bei denen es auf eine spätere gerichtliche Bestätigung hinauslaufen könnte, vor der Abstimmung analog § 44 mit dem Gericht abstrakt zu erörtern, um von den gerichtlichen Anforderungen und Usancen des Gerichts - die örtlich variieren dürften - nicht erst später bei der offiziellen Vorlage „überrascht“ zu werden.