(1) Sollen in einer Restrukturierungssache mit Ausnahme der in § 4 genannten Forderungen die Forderungen aller Gläubiger durch einen Restrukturierungsplan gestaltet werden, und weist die Restrukturierungssache gesamtverfahrensartige Züge auf, kann das Gericht einen Gläubigerbeirat einsetzen. § 21 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1a der Insolvenzordnung gilt entsprechend. In dem Beirat können auch nicht planbetroffene Gläubiger vertreten sein.

(2) Ist ein Gläubigerbeirat eingerichtet, tritt an die Stelle des gemeinschaftlichen Vorschlags der Planbetroffenen nach § 74 Absatz 2 Satz 3 der einstimmige Beschluss des Gläubigerbeirats.

(3) Die Mitglieder des Beirats unterstützen und überwachen den Schuldner bei seiner Geschäftsführung. Der Schuldner zeigt dem Beirat die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens an.

(4) Die Mitglieder des Gläubigerbeirates haben Anspruch auf Vergütung für ihre Tätigkeit und auf Erstattung angemessener Auslagen. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach § 17 der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung.


1

In der Restrukturierungsrichtlinie ist die Möglichkeit eines „Gläubigerausschusses“ als die Gläubiger vertretendes Organ zwar unterstellt (RL 2019/1023/EU, Erwägungsgründe 68 und 88). Konkrete Regelungen zu einem solchen Organ enthält die Richtlinie allerdings nicht. Auch in den Entwürfen zum StaRUG war der nunmehr vorgesehene Gläubigerbeirat noch nicht angelegt. Den Weg in das StaRUG fand die Regelung zum Gläubigerbeirat erst durch einen Änderungsantrag der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD in der Beratung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz am 15.12.2020 (Göpfert/Giese, NZI-Beil. 2021, 55, 56).

2

Bereits aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass ein Gläubigerbeirat nur in Ausnahmefällen bestellt werden soll. Da es in der Hand des Schuldners liegt, im Rahmen eines Restrukturierungsverfahrens nur von einem Teil seiner Gläubiger Sanierungsbeiträge einzufordern, handelt es sich grundsätzlich nicht um ein Gesamtverfahren. Daher ist eine verfahrensmäßige Vertretung der gesamten Gläubigerschaft im Regelfall nicht nur verzichtbar, sondern sogar nachteilig. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass die verfahrensrechtliche Einbeziehung von Gläubigern, die keine Sanierungsbeiträge leisten, sondern umgekehrt von diesen profitieren, ineffiziente Anreize schaffen und zur Erschwerung von Abstimmungen führen kann. Die Vorteile, die der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen gegenüber dem Insolvenzverfahren aufweist, drohen mit einem solchen Organ daher verloren zu gehen (so auch Gehrlein, BB 2021, 66, 78 f.; Göpfert/Giese, NZI-Beil. 2021, 55, 57; Schluck-Amend, NZI-Beil. 2021, 88, 90). In Verfahren allerdings, in denen der Schuldner mit Ausnahme der nach § 4 ausgenommenen Gläubiger von allen Gläubigern, die auch noch inhomogene Interessen verfolgen, Sanierungsbeiträge einfordert, sah der Gesetzgeber ein Bedürfnisse nach einer Koordinierung der unterschiedlichen Interessen und Betroffenheiten wie in einem (vorläufigen) Insolvenzverfahren. Diesen soll durch die Bestellung eines Gläubigerbeirats Rechnung getragen werden können (BT-Drucks. 19/25353, 10).

3

Voraussichtlich wird die Bestellung eines Gläubigerbeirats die Ausnahme bleiben. Zu sehr drohen die Vorteile des Restrukturierungsrahmens durch die Beteiligung eines solchen Organs verloren zu gehen (Göpfert/Giese, NZI-Beil. 2021, 55, 57).

4

Das Restrukturierungsgericht kann nach § 93 Abs. 1 S. 1 in einer Restrukturierungssache, in der Forderungen aller Gläubiger gestaltet werden sollen und die gesamtverfahrensartige Züge hat, einen Gläubigerbeirat einsetzen, wenn die Forderungen sämtlicher Gläubiger mit Ausnahme der in § 4 genannten Forderungen durch einen Restrukturierungsplan gestaltet werden sollen.

5

Voraussetzung ist zunächst, eine (rechtshängige) Restrukturierungssache, mithin die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens durch den Schuldner beim zuständigen Restrukturierungsgericht gemäß § 31 (Ahrens, NZI-Beil. 2021, 57, 58).

6

Die Einsetzung eines Gläubigerbeirats kommt nur dann in Betracht, wenn das Verfahren gesamtverfahrensartige Züge aufweist. Diese sollen ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien nur dann vorliegen, wenn eine Vielzahl von Gläubigern mit inhomogenen Interessen vertreten ist (BT-Drucks. 19/25353, 10). In dieser Situation soll ein Gläubigerbeirat zu einer Interessenbündelung führen und so die Einigung über einen Restrukturierungsplan fördern können. An den erforderlichen gesamtverfahrensartigen Zügen fehlt es mithin, wenn sich die Gläubigerschaft ausschließlich aus wenigen Gläubigern mit vergleichbaren Interessen zusammensetzt (BT-Drucks. 19/25353, 10). Weist das Verfahren hingegen gesamtverfahrensartige Züge auf, soll dieses mit einem (vorläufigen) Eigenverwaltungsverfahren vergleichbar und deshalb die Einsetzung eines Gläubigerbeirats gerechtfertigt sein.

7

Fraglich ist, ob neben verfahrensinternen Kriterien auch außerhalb des Verfahrens liegende Umstände die Einsetzung eines Gläubigerbeirats rechtfertigen können. Solche sind beispielsweise Effekte aus der die finanzwirtschaftliche Sanierung regelmäßig begleitenden organisatorischen und operativen Umgestaltung des Unternehmens (so etwa Ahrens, NZI-Beil. 2021, 57, 58; Göpfert/Giese, NZI-Beil. 2021, 55, 56). So wird eine erfolgreiche Sanierung regelmäßig Einschnitte in Positionen der Arbeitnehmer erfordern. Entsprechende Vereinbarungen müssen gem. §§ 4 S. 1 Nr. 1, 92 außerhalb des Stabilisierungs- und Restrukturierungsverfahrens getroffen werden. Die Einsetzung eines Gläubigerbeirats unter Beteiligung von Arbeitsnehmervertretern kann in diesen Fällen die sachgerechte Anbindung, einen hinreichenden Informationsfluss und eine schnelle Entscheidung befördern (Ahrens, NZI-Beil. 2021, 57, 58).

8

Ferner stellt § 93 darauf ab, dass die Forderungen aller Gläubiger gestaltet werden sollen. Das spricht dafür, dass – mit Ausnahme der in § 4 genannten Forderungen – sämtliche Forderungen der Gläubiger einbezogen sein müssen. Fraglich ist indes, ob das zwingend ist. Entscheidend für die Notwendigkeit eines Gläubigerbeirats ist nach der Gesetzbegründung, dass das Verfahren aus Sicht der Gläubigerschaft Züge aufweist, die einem (vorläufigen) Eigenverwaltungsverfahren ähneln (BT-Drucks. 19/25353, S. 10). Dies kann aber auch dann der Fall sein, wenn beispielsweise Forderungen, die auch in einem Insolvenzverfahren voraussichtlich vollständig erfüllt würden (§ 8 Nr. 1) oder Forderungen von Kleingläubigern (§ 8 Nr. 2 Alt. 2) nicht in einen Restrukturierungsplan einbezogen werden. § 93 ist daher teleologisch dahingehend auszulegen, dass die Einsetzung eines Gläubigerbeirats auch dann zulässig ist, wenn Forderungen nach § 8 Nr. 1 oder § 8 Nr. 2 Alt. 2 außen vor bleiben, sofern die gesamtverfahrensartigen Züge der Restrukturierungssache bestehen bleiben.

9

Die Entscheidung über die Einsetzung eines Gläubigerbeirats trifft das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Spezielle Verfahrensbestimmungen oder bindende Antragsrechte der Beteiligten existieren nicht. Insbesondere hat der Gesetzgeber weder die Kriterien noch die Automatismen aus § 22a InsO aufgegriffen – zurecht, handelt es sich doch um einen Ausnahmefall nach individueller Abwägung (so auch Ahrens, NZI-Beil. 2021, 57, 58).

10

Gemäß § 39 Abs. 3 ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und ohne Anhörung der von der Restrukturierungsache Betroffenen. Regelmäßig wird aber die vorherige Anhörung zumindest des Schuldners sachgerecht sein, allein schon, um geeignete Mitglieder zu bestimmen. Wollen sich auch Gläubiger – unabhängig vom Schuldner – zu Gehör bringen, bleibt ihnen nur die eigene Eingabe, insbesondere mittels einer Schutzschrift im Vorfeld einer möglichen Anzeige eines Restrukturierungsvorhabens durch einen Schuldner (siehe dazu Rn. 33).

11

Gegen die Einsetzungsentscheidung des Restrukturierungsgerichts ist kein Rechtsmittel statthaft (§ 40 Abs. 1).

12

Über den Verweis auf § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a InsO in § 93 Abs. 1 S. 2 gilt § 67 Abs. 2 InsO für die Besetzung des Gläubigerbeirats entsprechend. Danach sollen im Gläubigerbeirat die Gläubiger mit Absonderungsanwartschaften, die Gläubiger mit den höchsten Forderungen und die Kleingläubiger vertreten sein. Gemäß § 67 Abs. 2 S. 2 InsO soll dem Gläubigerbeirat auch ein Vertreter der Arbeitnehmer angehören, was durch die Klarstellung in § 93 Abs. 1 S. 3 sichergestellt wird (BT-Drucks. 19/25353, 10 f.). Gemäß der Verweisung auf § 67 Abs. 3 InsO können auch weitere Personen bestellt werden, die keine Gläubiger sind, wie etwa Gewerkschaftsvertreter (so auch Ahrens, NZI-Beil. 2021, 57, 58 f.; Göpfert/Giese, NZI-Beil. 2021, 55, 56 f.).

13

Vorgaben bezüglich der Anzahl der Mitglieder des Gläubigerbeirats bestehen nicht. Um schnelle Abstimmungen zu ermöglichen und Kosten gering zu halten, sollte die Anzahl der Mitglieder jedoch überschaubar bleiben. In aller Regel dürften drei bis maximal fünf Mitglieder ausreichen, auch komplexe Gemengelagen hinreichend detailliert abzubilden (so auch Ahrens, NZI-Beil. 2021, 57, 58).

14

An einen Vorschlag des Schuldners oder einzelner Gläubiger für die Besetzung des Gläubigerbeirats ist das Restrukturierungsgericht nicht gebunden. Auch wenn § 93 nicht auf § 22a Abs. 2 u. 4 InsO verweist, werden Vorschläge für die Besetzung aber regelmäßig sinnvoll sein. Dabei ist die erforderliche Qualifikation der vorgeschlagenen Beiratsmitglieder zu beachten (Ahrens, NZI-Beil. 2021, 57, 58).

15

Gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 70 InsO kann das Restrukturierungsgericht ein Mitglied des Gläubigerbeirats aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Mitglieds des Gläubigerausschusses erfolgen. Eine Entlassung auf Antrag der Versammlung der Planbetroffenen entsprechend § 70 S. 2 InsO kommt allerdings nicht in Betracht. Die Versammlung der Planbetroffenen nach § 20 Abs. 1 steht der Gläubigerversammlung (§ 70 S. 2 InsO) schon deshalb nicht gleich, weil sie konzeptionell/prototypisch am Ende und nicht am Anfang des Verfahrens steht. Und auch eine etwa vorher gebildete und sich äußernde Mehrheit der Planbetroffenen kann keine Entlassung einzelner oder aller Mitglieder verlangen, da der Gläubigerbeitrat ja gerade dazu dient, die Interessen einer inhomogenen Gläubiger- und Stakeholdergesamtheit zu repräsentieren (ähnlich Ahrens, NZI-Beil. 2021, 57, 59). Allerdings sollten entsprechende Anträge dem Gericht Anlass geben, seine Entscheidung ggf. zu überdenken und bei Nichteignung des Mitglieds von seinem Recht aus § 93 Abs. 1 S. 2 i. V. m. §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a, 70 InsO zur Abberufung Gebrauch zu machen.

16

Der Gläubigerbeirat hat den Schuldner bei der Geschäftsführung zu unterstützen und zu überwachen (§ 93 Abs. 3 S. 1). Insoweit entsprechen seine Aufgaben denen eines Gläubigerausschusses im Insolvenzverfahren gemäß § 69 S. 1 InsO (BT-Drucks. 19/25353, 11). Nach § 93 Abs. 3 S. 2 hat der Schuldner dem Beirat die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens anzuzeigen.

17

Angelehnt an das Vorschlagsrecht des vorläufigen Gläubigerausschusses im Insolvenzverfahren tritt nach § 93 Abs. 2 an die Stelle des gemeinschaftlichen Vorschlags der Planbetroffenen nach § 74 Abs. 2 S. 3 für die Person des Restrukturierungsbeauftragten der einstimmige Beschluss des Gläubigerbeirats (BT-Drucks. 19/25353, 11). Liegt ein bindender Vorschlag des Schuldners nach § 74 Abs. 2 S. 2 nicht vor, darf das Restrukturierungsgericht von dem Beschluss des Gläubigerbeirats nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person offensichtlich ungeeignet ist (Ahrens, NZI-Beil. 2021, 57, 59). Folgt das Restrukturierungsgericht dem Beschluss des Gläubigerbeirats, kann es aber einen weiteren Restrukturierungsbeauftragten bestellen und diesem im Rahmen des § 74 Abs. 3 dessen Aufgaben übertragen, womit die Gläubigerautonomie praktisch leerläuft (kritisch dazu schon Proske/Streit, NZI 2020, 969, 974 f.).

18

Fraglich ist, ob die Aufgabenbestimmung des Gläubigerbeirats in § 93 Abs. 2 und 3 abschließend ist (so Ahrens, NZI-Beil. 2021, 57, 59) oder über die Verweisung in § 93 Abs. 1 S. 2 auf §§ 21 Abs. 2 1 Nr. 1a, 69 InsO die Aufgaben des Gläubigerbeirats denen des Gläubigerausschusses im Insolvenzverfahren entsprechen. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Mitglieder des Gläubigerbeirats entsprechend § 69 S. 2 InsO sich über den Gang der Geschäfte zu unterrichten sowie die Bücher und Geschäftspapiere einzusehen und den Geldverkehr und -bestand prüfen zu lassen haben. Eine Unterrichtungspflicht dürfte sich allerdings schon daraus ergeben, dass der Beirat den Schuldner, ohne dass er sich zuvor unterrichtet, bei der Geschäftsführung weder unterstützen noch überwachen kann. Daraus folgt aber nicht zwingend eine Pflicht zur Einsicht in die „Bücher und Geschäftspapiere“. Eine solche dürfte im (zu unterstellenden) Regelfall des redlichen und ordentlichen Schuldners (arg. § 50 Abs. 3 Nr. 3) nicht bestehen. Sollten für den Beirat ersichtlich jedoch Gründe vorliegen, dass der Schuldner diesem Regelfall nicht entspricht (beispielsweise aufgrund einer Anzeige gem. § 50 Abs. 3 Nr. 3), erscheint eine Einsichtspflicht des Beirats nicht ausgeschlossen. Allerdings stellt sich dann auch die – vorrangige – Frage, ob dieser Schuldner in einem Restrukturierungsverfahren überhaupt richtig aufgehoben ist (siehe dazu Rn. 35).

19

Keine Pflicht besteht hingegen für den Gläubigerbeirat, wie ein Gläubigerausschuss, „den Geldverkehr und -bestand prüfen zu lassen“ (§ 69 S. 2 InsO; so auch Ahrens, NZI-Beil. 2021, 57, 59). Das folgt allerdings nicht zwingend daraus, dass der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis behält. Das ist nämlich auch in der (vorläufigen) Eigenverwaltung der Fall, ohne dass deswegen der Gläubigerausschuss von seiner Pflicht aus § 69 S. 2 InsO entlastet wäre (Nerlich/Römermann/Mönning, § 22a Rn. 42). Der tragende Grund liegt vielmehr in der grundsätzlich anderen Struktur einer Restrukturierungssache im Vergleich zu einem Insolvenzverfahren: Während dort (Insolvenzverfahren) das schuldnerische Vermögen ab Insolvenzeröffnung (mit Vorwirkungen ab Insolvenzantragstellung bzw. Anordnung vorläufiger Maßnahmen) treuhänderisch gebunden ist (Nerlich/Römermann/Mönning, a. a. O.), arbeitet der Schuldner hier, trotz Anhängigkeit einer Restrukturierungssache, grundsätzlich ganz normal, d. h. ohne eine solche Bindung weiter. Es fehlt also schon der Anknüpfungspunkt der Prüfung nach § 69 S. 2 InsO. Darüber hinaus besteht in einer Restrukturierungsache aber auch keine Pflicht zu einer besonderen Rechnungslegung, die Anknüpfungspunkt und Gegenstand der Prüfungspflicht des Gläubigerausschusses im Insolvenzverfahren ist.

20

Daran ändert sich auch nichts, wenn dem Restrukturierungsbeauftragten nach § 76 Abs. 2 Nr. 2 b) das Recht, die Kassenführung zu übernehmen, übertragen wurde, und er dieses Recht ausgeübt, d. h. die Kassenführung an sich gezogen hat. Zwar nähert sich die Restrukturierungssache dann einem Insolvenzverfahren sehr stark an. Doch ändert auch das hinsichtlich der Rechnungslegung und der fehlenden treuhänderischen Bindung nichts. Auch insoweit fehlt es also schon an der Anknüpfung. Zudem würde eine Pflicht des Beirats, den Geldverkehr und -bestand prüfen zu lassen, den Verfahrenszielen des StaRUG, der kostengünstigen und zeitlich verkürzten Entschuldung (RL 2019/1023/EU, Erwägungsgründe 6 und 15), widersprechen.

21

Fraglich ist allerdings, ob der Gläubigerbeirat seine Befugnisse über die ihm in § 93 direkt und über die (einzuschränkende, s.o.) Verweisung auf § 21 Abs. 2 1 Nr. 1a InsO zugewiesenen Aufgaben hinaus ausdehnen kann. Praktisch kann sich die Frage stellen, ob der Gläubigerbeirat z.B. das Recht hat, eine Abrechnung des Zahlungsverkehrs zu verlangen. Die Antwort darauf dürfte sich wiederum aus dem Charakter der Restrukturierungssache ergeben und daher negativ sein. Das hindert die Beteiligten (Gläubigerbeirat, Schuldner und ggf. Restrukturierungsbeauftragter) natürlich nicht, dem Gläubigerbeirat einvernehmlich eine größere Rolle zuzugestehen. Eine Weigerung des Schuldners, einer solchen Erweiterung zuzustimmen, kann indes nicht über § 33 Abs. 1 Nr. 3 eine (schwerwiegende) Pflichtverletzung begründen.

22

Die Mitglieder des Gläubigerbeirats sind im Übrigen auch aus Haftungsgründen eher gut beraten, sich nicht Aufgaben anzumaßen, die ihnen typischer Weise nicht zustehen und daher evtl. gar nicht versichert sind.

23

Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unterliegen die Mitglieder des Gläubigerbeirats den gleichen Beschränkungen wie die Mitglieder eines Gläubigerausschusses, etwa im Hinblick auf die zu wahrende Vertraulichkeit (so auch Ahrens, NZI-Beil. 2021, 57, 59).

24

Nach § 93 Abs. 1 S. 2 i.V.m. §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a, 71 S. 1 InsO sind die Mitglieder des Gläubigerbeirats den absonderungsberechtigten und den planbetroffenen Gläubigern schadensersatzpflichtig, wenn sie schuldhaft die aus dem StaRUG resultierenden Pflichten, beispielsweise ihre Verschwiegenheitspflicht (siehe hierzu etwa Uhlenbruck/Knof, § 71 Rn. 5), verletzen.

25

Diese Haftungsregelung dürfte, wie auch bei den Mitgliedern des Gläubigerausschusses im Insolvenzverfahren, die Bereitschaft der Gläubiger reduzieren, im Gläubigerbeirat mitzuwirken (so auch Ahrens, NZI-Beil. 2021, 57, 59), und eine geeignete Haftpflichtversicherung erfordern.

26

Gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 i.V.m. §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a, 71 S. 2 InsO gilt für die Verjährung der Haftungsansprüche § 62 InsO entsprechend. Danach gilt grundsätzlich die regelmäßige Verjährung nach dem BGB (§ 62 S. 1 InsO). Spätestens verjähren Haftungsansprüche jedoch in drei Jahren von der Aufhebung der Restrukturierungssache an (§ 62 S. 2 InsO).

27

Nach § 93 Abs. 4 S. 1 haben die Mitglieder des Gläubigerbeirats Anspruch auf Vergütung für ihre Tätigkeit und auf Erstattung angemessener Auslagen. Die Vorschrift entspricht der Vergütungsregelung für Mitglieder des Gläubigerausschusses im Insolvenzverfahren in § 73 Abs. 1 S. 1 InsO (BT-Drucks. 19/25353, 11). Die Festsetzung erfolgt gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 i.V.m. §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a, 73 Abs. 2, 64 InsO durch das Restrukturierungsgericht.

28

Die Vergütung der Beiratsmitglieder richtet sich gemäß § 93 Abs. 4 S. 2 nach § 17 InsVV. Danach beträgt die Vergütung regelmäßig zwischen 50 und 300 Euro je Stunde. Bei der Festsetzung des Stundensatzes sind insbesondere der Umfang der Tätigkeit und die berufliche Qualifikation des jeweiligen Beiratsmitglieds zu berücksichtigen.

29

Auch wenn § 93 Abs. 4 nicht auf § 18 InsVV verweist, werden Auslagen gegenüber dem Restrukturierungsgericht im Einzelnen aufzustellen und zu belegen sein. Erstattungsfähig sind nur solche Auslagen, die das jeweilige Beiratsmitglied im Rahmen seiner Tätigkeit für erforderlich halten durfte (so zu Auslagen von Gläubigerausschussmitgliedern Uhlenbruck/Knof, § 73 Rn. 20). Zu den erstattungsfähigen Auslagen zählen jedenfalls in umfangreichen Verfahren, die mit einem beträchtlichen Haftungsrisiko für die Beiratsmitglieder verbunden sind, auch die Prämien einer Vermögenshaftpflichtversicherung. Wegen der Höhe der Prämien einer derartigen Versicherung kommt auch die Gewährung eines Vorschusses an die Beiratsmitglieder in Betracht (so zum Gläubigerausschuss BGH, WM 2012, S. 861, Rn. 9). Da die Erforderlichkeit der Prämien einer Vermögenshaftpflichtversicherung im Einzelfall verneint werden kann, sollte die Erstattungsfähigkeit der Versicherungsprämien vorab mit dem Restrukturierungsgericht geklärt und ggf. ein Vorschuss angefordert werden.

30

Der Vergütungs- und Auslagenerstattungsanspruch der Gläubigerbeiratsmitglieder richtet sich gegen die Staatskasse. Dies ergibt sich aus Nr. 9017 KV GKG, wonach zu den gegenüber der Staatskasse zu erstattenden Auslagen des Restrukturierungsverfahrens die an die Mitglieder des Gläubigerbeirats nach dem StaRUG zu zahlende Beträge gehören. Alleiniger Kostenschuldner gegenüber der Staatskasse wiederum ist nach § 25a Abs. 1 GKG grundsätzlich der Schuldner (BT Drucks. 19/24181, 218).

31

Die Gewährung rechtlichen Gehörs für die Gläubiger sieht das StaRUG, abgesehen von der Anhörung der Planbetroffenen im Zuge der Abstimmung über den Restrukturierungsplan oder der Planbestätigung (§§ 45, 61 Abs. 1 S. 1) nicht vor. Das Restrukturierungsgericht hat zwar grundsätzlich von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für die Restrukturierungssache von Bedeutung sind (§ 39 Abs. 1 S. 1). Dabei ist es, nach richtiger Ansicht, allerdings auf präsente Anknüpfungspunkte angewiesen. Es ist daher für Gläubiger, die von einem Restrukturierungsvorhaben betroffen sind oder sein könnten, von essentieller Bedeutung, dem Restrukturierungsgericht zumindest solche Anknüpfungspunkte für weitere Ermittlungen zu präsentieren. Das gilt insbesondere dann, wenn der Gläubiger Sorge hat, der Schuldner könne auf Basis einer unrichtigen, unvollständigen oder auch nur tendenziösen Unterrichtung des Gerichts Stabilisierungsanordnungen erwirken oder die Einsetzung eines evtl. zu schuldnerfreundlichen Restrukturierungsbeauftragten erreichen.

32

Nach Anzeige des Restrukturierungsvorhabens durch den Schuldner kann solche „Unterrichtung“ des Gerichts direkt zur Sache erfolgen. Aber auch vor Anzeige, wenn der Gläubiger nur die Sorge hat, der Schuldner könne ein Restrukturierungsvorhaben beginnen, können wichtige Informationen mittels einer beim Restrukturierungsgericht zu hinterlegenden Schutzschrift platziert werden.

33

Das betrifft die Auswahl des Restrukturierungsbeauftragten, die Aufhebung der Restrukturierungssache und den Erlass von Stabilisierungsanordnungen.

34

So können Gläubiger mittels einer Schutzschrift sicherstellen, dass ihr (allerdings sekundäres) Vorschlagsrecht in Bezug auf die Person des von Amts wegen zu bestellenden Restrukturierungsbeauftragten nach § 74 Abs. 2 S. 1 gewahrt wird. Des Weiteren können Gläubiger Aufhebungsgründe nach § 33 Abs. 2 geltend machen. Insbesondere können Gläubiger Umstände vortragen, aus denen sich die Insolvenzreife des Schuldners ergibt (§ 33 Abs. 2 Nr. 1), aus denen sich ergibt, dass das Restrukturierungsvorhaben keine Aussicht auf Umsetzung hat, oder aus denen sich ergibt, dass der Schuldner in schwerwiegender Weise gegen die ihm nach § 32 obliegenden Pflichten verstoßen hat. Keine Aussichten auf Umsetzung hat das Restrukturierungsvorhaben unter anderem im Falle einer Sperrminorität einzelner Gläubiger, die auch durch einen Cross Class Cram-Downs nach § 26 nicht überwunden werden kann.

35

Ferner können Gläubiger gegenüber dem Restrukturierungsgericht Gründe vorbringen, die gegen den Erlass einer Stabilisierungsanordnung sprechen. So können Gläubiger Umstände darlegen, aus denen sich ergibt, dass die Restrukturierungsplanung oder die Erklärung zu § 50 Abs. 3 in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachen beruht (§ 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 1), die Restrukturierung aussichtslos ist, weil keine Aussicht darauf besteht, dass ein das Restrukturierungskonzept umsetzender Plan von den Planbetroffenen angenommen oder vom Gericht bestätigt werden würde (§ 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 2), der Schuldner noch nicht drohend zahlungsunfähig ist (§ 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, dazu aktuell AG Köln, Beschluss vom 03.03.2021, 83 RES 1/21) oder die beantragte Anordnung nicht erforderlich ist, um das Restrukturierungsziel zu verwirklichen (§ 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 4). Nicht erforderlich und damit nicht zu erlassen ist eine Stabilisierungsanordnung beispielsweise in Bezug auf Umlaufvermögen dann, wenn der Schuldner auf die Erlöse aus dessen Verwertung nach seinem Finanzplan angewiesen ist, mit dem Sicherungsnehmer aber keine Vereinbarung nach § 54 Abs. 2 besteht. Das kann – und sicherheitshalber sollte – der Sicherungsnehmer selbst vortragen.

36

Schließlich können planbetroffene Gläubiger gemäß § 38 S. 1 i.V.m. § 299 Abs. 1 ZPO als Beteiligte des Restrukturierungsverfahrens jederzeit die Verfahrensakten des Restrukturierungsgerichts einsehen. Das Einverständnis des Schuldners oder ein gesondertes rechtliches Interesse sind nicht erforderlich. Nicht planbetroffene Gläubiger sind Beteiligte des Restrukturierungsverfahrens nur soweit sie von Stabilisierungsanordnungen betroffen sind. Für Gläubiger, die weder von dem Restrukturierungsplan noch von Stabilisierungsanordnungen betroffen sind, kommt eine Akteneinsicht hingegen nur mit dem Einverständnis des Schuldners oder bei Glaubhaftmachung eines rechtlichen Interesses in Betracht (§ 38 S. 1 i.V.m. § 299 Abs. 2 ZPO).