Kommentierung zu § 32

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§ 32 normiert die Pflichten, denen ein Schuldner während einer Restrukturierungssache unterliegt. Die Verletzung dieser Pflichten wird gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 durch die Aufhebung der Restrukturierungssache sanktioniert. Dadurch soll der zweckentsprechende Gebrauch der Restrukturierungsinstrumente sichergestellt werden (BT-Drucks. 19/24181, S. 136).

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Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Pflichten des Schuldners nicht nur in § 32 festgelegt werden, sondern auch in anderen Normen zu finden sind. Hinzuweisen ist insbesondere auf folgende Vorschriften:

  • § 39 Abs. 2: Pflicht zur Auskunftserteilung und zur Unterstützung des Gerichts.
  • § 42 Abs. 1 Satz 2: Pflicht zur unverzüglichen Anzeige des Eintritts einer Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung.
  • § 43 Abs. 1: Entsprechende Pflichten der Organe bei einer juristischen Person.
  • § 76 Abs. 5: Pflicht zur Auskunftserteilung und zur Unterstützung gegenüber dem Restrukturierungsbeauftragten.
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§ 32 stellt jedoch die zentrale Norm zur Pflichtenregelung im StaRUG dar und regelt sowohl Verhaltens- als auch Mitteilungspflichten des Schuldners.

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Haftungsadressat ist der Schuldner, nicht die Geschäftsleiter. Sanktioniert wird ein Verstoß daher nicht mit Haftungsansprüchen, sondern mit der Aufhebung der Restrukturierungssache.

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Gemäß § 32 Abs. 1 betreibt der Schuldner die Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen Sanierungsgeschäftsführers unter Wahrung der Interessen der Gesamtheit der Gläubiger und unterlässt Maßnahmen, die mit dem Restrukturierungsziel nicht vereinbar sind oder dieses Ziel gefährden.

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Diese umfangreichen Verhaltenspflichten sind die Kehrseite der weitgehenden Freiheit des Schuldners bei der eigenverantwortlichen Gestaltung und Organisation der Restrukturierungssache. Der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen soll nicht zur Verzögerung und Verschleppung des Krisenbewältigungsprozesses zulasten der Gläubiger missbraucht werden dürfen (BT-Drucksache 19/24181, S. 136 f.).

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Zunächst trifft den Schuldner die Pflicht, die Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers zu betreiben. Der Sanierungsgeschäftsführer wird im StaRUG nicht definiert. Wegen der Ähnlichkeit zu dem in § 43 Abs. 1 GmbHG und § 93 Abs. 1 AktG normierten Sorgfaltsmaßstab kann davon ausgegangen werden, dass der Schuldner wie ein für die Gläubiger tätiger, selbständiger, treuhändischer Verwalter fremden Vermögens zu handeln hat (vgl. Braun-StaRUG/Weber/Dömmecke, § 32 Rn. 3).

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Handelt es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person, so wirken dessen Geschäftsleiter darauf hin, dass der Schuldner diese Sorgfaltspflicht erfüllt, und haften dem Schuldner persönlich in Höhe des den Gläubigern entstandenen Schadens, § 43 Abs. 1. Die Sorgfaltspflicht des Schuldners und dessen Geschäftsleiter unterscheiden sich dabei im Hinblick auf die Sanktion ihrer Nichteinhaltung. Während die Verletzung einer Pflicht des Schuldners über § 33 zur Aufhebung der Restrukturierungssache führt, hat die Pflichtverletzung der Geschäftsleitung einen Schadensersatzanspruch zur Folge.

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Der Schuldner hat dabei nach § 32 Abs. 1 Satz 1 die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu wahren. Diese Bestimmung wird auch hier im Falle einer juristischen Person durch § 43 Abs. 1 flankiert. Maßgeblich sind dabei nicht nur die Planbeteiligten, sondern alle Gläubiger des Schuldners.

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Diese Pflicht war im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung parallel zu § 2 StaRUG-RegE zu lesen, nach welchem die Geschäftsleiter schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit die Interessen der Gläubiger zu wahren hatten. Im endgültigen Gesetzestext ist dieser § 2 StaRUG-RegE nun entfallen, sodass die Pflicht zur Wahrung der Gläubigerinteressen erst mit Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache entsteht.

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Diese Pflicht bedeutet nicht etwa, dass sich die Geschäftsführung ausschließlich an den Interessen der Gläubiger auszurichten hat. Die Geschäftsleiter haben aber bei der Ausübung des unternehmerischen Ermessens nicht mehr nur am Wohl des Unternehmens aus der Perspektive der Anteilsinhaber, sondern auch an den legitimen Haftungserwartungen der Gläubigerschaft auszurichten, deren Interessen im Zweifel der Vorrang einzuräumen ist (BT-Drucksache 19/24181, S. 106 f.).

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Eine besondere Gestaltung dieser Pflicht zur Wahrung der Gläubigerinteressen ist in § 59 Abs. 1 Nr. 4 geregelt. Hiernach hebt das Gericht eine Stabilisierungsanordnung auf, wenn der Schuldner nicht bereit und in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubigergesamtheit auszurichten (hierzu § 59 Rn. 15 ff.).

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§ 32 Abs. 1 Satz 2 konkretisiert die Sorgfaltspflicht des Schuldners dahingehend, dass dieser Maßnahmen zu unterlassen hat, welche sich mit dem Restrukturierungsziel (hierzu siehe § 31 Abs. 2 Nr. 1) nicht vereinbaren lassen oder welche die Erfolgsaussichten der in Aussicht genommenen Restrukturierung gefährden.

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Mit dem Restrukturierungsziel ist es nach Satz 3 in der Regel nicht vereinbar, Forderungen zu begleichen oder zu besichern, die durch den Restrukturierungsplan gestaltet werden sollen.

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Um die erforderliche Transparenz sicherzustellen, unterliegt der Schuldner neben den Sorgfaltspflichten umfassenden Mitteilungspflichten. Hierdurch soll das Gericht in die Lage versetzt werden, Kenntnis über Umstände zu erlangen, die eine Fortsetzung der Restrukturierungssache unter Wahrung der Gläubigerinteressen gefährden, und die gegebenenfalls eine Aufhebung nach § 33 zur Folge haben können. Zwar hat gemäß § 39 Abs. 1 das Gericht von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Verfahren von Bedeutung sind. Die hierfür vorgesehenen Möglichkeiten – Zeugen- und Sachverständigenvernehmung – lassen aber erkennen, dass das Gericht auf die Mitteilungen des Schuldners angewiesen ist.

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Nach § 32 Abs. 2 teilt der Schuldner dem Gericht jede wesentliche Änderung mit, welche den Gegenstand des angezeigten Restrukturierungsvorhabens und die Darstellung des Verhandlungsstands betrifft.

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Durch diese Mitteilungspflicht sollen die (vorläufigen) Angaben aus der Anzeige nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ergänzt werden. Insbesondere der Planentwurf und das Restrukturierungskonzept sind bei Fortschritten entsprechend zu aktualisieren und dem Restrukturierungsgericht zu kommunizieren (BT-Drucks. 19/24181, S. 137). Aus der Mitteilung des aktuellen Verhandlungsstands mit den Beteiligten kann sich für das Gericht die Erkenntnis ergeben, dass das angezeigte Restrukturierungsvorhaben keine Aussicht auf Umsetzung hat und dass die Restrukturierungssache nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 daher aufzuheben ist.

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Hat der Schuldner eine Stabilisierungsanordnung nach § 49 erwirkt, teilt er ferner gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 auch unverzüglich wesentliche Änderungen mit, welche die Restrukturierungsplanung betreffen. Diese besondere Mitteilungspflicht bei einer Stabilisierungsanordnung ist auf die Bedeutung dieser in die Rechte der Gläubiger in hohem Maße eingreifenden Maßnahme zurückzuführen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass das Gericht frühzeitig und fortwährend Informationen erlangen kann, die zur Beurteilung der Zahlungsfähigkeit des Schuldners relevant sind und gegebenenfalls zur Aufhebung der Stabilisierungsanordnung führen könnten (BT-Drucks. 19/24181, S. 137).

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Ist ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt, besteht die Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen auch gegenüber dem Restrukturierungsbeauftragten, und zwar unabhängig davon, ob dieser von Amts wegen oder auf Antrag bestellt wurde. Durch diese Mitteilung wird der Restrukturierungsbeauftragte insbesondere in die Lage versetzt, seine Kontrollaufgaben nach § 76 Abs. 1 und Abs. 3 wahrzunehmen.

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Während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ist der Schuldner nach § 32 Abs. 3 verpflichtet, dem Restrukturierungsgericht den Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit oder einer Überschuldung unverzüglich anzuzeigen.

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Durch diese Mitteilungspflicht soll gewährleistet werden, dass das Gericht nach Maßgabe des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 die Restrukturierungssache aufhebt und dadurch den Vorrang des Insolvenzverfahrens im Verhältnis zum Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen sicherstellt. Die Aufhebung unterbleibt jedoch, wenn

  • die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Blick auf den erreichten Stand der Restrukturierungssache offensichtlich nicht im Interesse der Gläubigergesamtheit liegen würde, oder
  • die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung aus der Kündigung oder sonstigen Fälligstellung einer Forderung resultiert, die nach dem angezeigten Restrukturierungskonzept einer Gestaltung durch den Plan unterworfen werden soll, sofern die Erreichung des Restrukturierungsziels überwiegend wahrscheinlich ist.
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Aufgrund der verschiedenen Pflichtenempfänger besteht auch keine Kollision mit der Anzeigepflicht nach § 42 Abs. 1 Satz 2. Hiernach besteht auch eine Pflicht, den Eintritt eines Insolvenzgrundes dem Restrukturierungsgericht unverzüglich anzuzeigen. Diese Pflicht richtet sich aber allein an die Geschäftsleiter von haftungsbeschränkten Unternehmensträgern (BT-Drucks. 19/24181, S. 144) und hat bei Nichteinhaltung deren Haftung zur Folge.

 

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Gemäß § 32 Abs. 4 ist der Schuldner verpflichtet, dem Gericht unverzüglich anzuzeigen, wenn das Restrukturierungsvorhaben keine Aussicht auf Umsetzung hat, insbesondere, wenn infolge der erkennbar gewordenen ernsthaften und endgültigen Ablehnung des vorgelegten Restrukturierungsplans durch Planbetroffene nicht davon ausgegangen werden kann, dass die für eine Planannahme erforderlichen Mehrheiten erreicht werden können.

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Bei fehlender Aussicht auf Umsetzung hebt das Gericht gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 die Restrukturierungssache auf. Es besteht in diesem Fall kein Anlass dafür, dem Schuldner weiterhin die Restrukturierungsinstrumente zur Verfügung zu stellen. 

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Die fehlende Umsetzungsaussicht ist dann zu vermuten, wenn die Ablehnung des Vorhabens unter denjenigen, deren Zustimmung als Planbetroffene erforderlich wäre, so verbreitet ist, dass nicht damit gerechnet werden kann, dass ein das Vorhaben abbildender Restrukturierungsplan mit den erforderlichen Mehrheiten angenommen werden kann (BT-Drucks. 19/24181, S. 138 und 139).